Der Wahlkampf in der Türkei läuft auf vollen Touren. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) legt dabei den Fokus nicht nur auf ihre politische Botschaft, sondern versucht vor allem, auch für die Sicherheit der für Juni angesetzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu sorgen. Damit reagiert die HDP auf ihre Erfahrungen aus der Wahl im Jahr 2018, bei der ihr Abgeordnetensitze durch Wahlbetrug gestohlen wurden.
„Die Sicherheit der Wahlurnen ist für uns entscheidend“
Gegenüber ANF erklärte Şoreş Diri, Ko-Vorsitzender der HDP im Bezirk Gever (tr. Yüksekova), dass seine Partei auch auf vorgezogene Wahlen vorbereitet sei. Das Hauptaugenmerk der Arbeit liege darin, für jedes Wahllokal mindestens zwei Wahlhelfer:innen zu finden. „Die Wahl wird an den Urnen entschieden. Unsere Mitglieder arbeiten seit etwa zwei Monaten daran, für 260 Wahlurnen in unserem Bezirk Wahlhelfer zu finden. Unser Ziel ist, an jeder Wahlurne mindestens zwei Personen zur Beobachtung zu haben. 80 Prozent haben wir bereits abgedeckt. Die Frage der Sicherheit der Wahlurnen ist für uns sehr ernst, wir werden unsere Stimmen in jeder Hinsicht schützen. Wir erwarten vor allem von jungen Menschen, dass sie in den Bezirksverband kommen und sich als Wahlhelfer melden“, so Diri.
„Wir gehen von Haus zu Haus“
In Gever gebe es etwa 77.000 Wahlberechtigte, führte der HDP-Politiker aus und erklärte weiter: „Eine große Mehrheit der Wählerinnen und Wähler lebt im Zentrum des Bezirks, aber es gibt auch eine große Anzahl Wahlberechtigte in den etwa 100 Dörfern und den zu den Dörfern gehörenden Weilern. Obwohl die klimatischen Bedingungen es uns schwer machen, gehen wir in diesen Tagen von Haus zu Haus. Wir achten darauf, dass es keinen Menschen gibt, den wir nicht erreicht haben, und keinen Mitbürger, in dessen Haus wir nicht zu Gast waren. Darüber hinaus nutzen wir auch die sozialen Medien."
„Sie können uns und unsere Wähler nicht einschüchtern“
Diri wies darauf hin, dass der Gouverneur der Provinz Colemêrg (Hakkari) seit etwa sieben Jahren willkürlich alle Arten von öffentlichen Aktivitäten der Kurden und Kurdinnen verboten hat: „Fast alle unsere Aktivitäten werden in der gesamten Provinz verhindert. Trotz des permanenten Drucks und aller Einschüchterungsmaßnahmen stehen wir und unser Volk zusammen und bleiben standhaft. Die Menschen sind trotz allen Repressionen keinen Zentimeter von ihrem Standpunkt abgewichen, das heißt, von unserer politischen Idee. Natürlich schützen die Menschen ihre Partei. 22 Monate strengste Isolationspolitik auf Imrali, die sich ausbreitende Armut in unserer Bevölkerung, die von einzelnen Ortsansässigen und den verrottenden Institutionen verursachte Arbeitslosigkeit und Korruption, der weit verbreitete Verkauf von Drogen durch die Angestellten offizieller Institutionen, all das ist unserer Bevölkerung bekannt. Auch das Schließungsverfahren gegen unsere Partei, der Kobanê-Prozess und die jüngsten Razzien bei der DBP (Partei der Demokratischen Regionen) haben unsere Leute und uns nicht verängstigt, sondern im Gegenteil, sie haben uns alle einander näher gebracht."
„Wir werden ihnen eine herbe Enttäuschung bereiten“
Die Regierung glaube, mit politischen Prozessen, Feminiziden, Naturzerstörung, unverhohlener Intoleranz und Isolationspolitik gegenüber den Kurdinnen und Kurden in der Türkei bei den Wahlen punkten zu können, so Diri. Der Kommunalpolitiker ist jedoch sicher, dass dieser Erwartung eine herbe Enttäuschung bereitet werde: „Daran haben wir keinen Zweifel. Die Menschen in Colemêrg werden die AKP/MHP-Koalition unter die Wahlhürde drücken. Unser Ziel ist ein Stimmenzuwachs, wir wollen unsere drei Kandidierenden mit der höchsten Stimmenzahl ins Parlament schicken. Bei den Wahlen von 2018 wurde bekanntlich einer unserer Abgeordnetensitze durch Betrug gestohlen. Wir treffen Vorbereitungen für diese Wahlen auf der Grundlage der Lehren und Erfahrungen, die wir aus den vorangegangenen Wahlen gezogen haben."