Tanzen und Singen als „Terrorpropaganda“

Gegen 13 Personen, die auf einer Kundgebung in Êlih zu kurdischen Liedern getanzt und gesungen haben, ist ein Ermittlungsverfahren wegen „Terrorpropaganda“ eingeleitet worden.

Die Repression in Nordkurdistan treibt immer neue Blüten. Während die AKP-Regierung behauptet, es gebe unter ihr kein Hindernis für die kurdische Sprache und Kultur, wurde gegen dreizehn Personen, die am 14. August auf einer Kundgebung in Êlih (tr. Batman) zum kurdischen Lied des Musikers Şiwan Perwer „Berxwedan jiyan e“ (Widerstand heißt Leben) tanzten und sangen, ein Ermittlungsverfahren wegen „Terrorpropaganda“ eingeleitet. Unter den dreizehn zum Verhör wegen „Terrorpropaganda“ Vorgeladenen befinden sich die Ko-Vorsitzenden des HDP-Provinzverbands, Fatma Ablay und Ömer Kulpu. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten das Lied von Şiwan Perwer begleitet und dazu getanzt. Mit dieser Begründung wurden die Beschuldigten zur Terrorabteilung der Polizeidirektion von Batman vorgeladen.

Tragikomische Ermittlung“

Gegenüber der Nachrichtenagentur MA bezeichnete der HDP-Politiker Ömer Kulpu die Vorwürfe als „tragikomisch“. Er wies darauf hin, dass die Instrumente der eingeladenen Musiker:innen am Tag der Kundgebung von der Polizei beschlagnahmt wurden und der Auftritt daraufhin ohne Instrumente stattfand. Die Musiker:innen seien auf die Bühne gegangen und hätten ihre Lieder zusammen mit dem Publikum gesungen. Eines dieser Lieder war Şiwan Perwers Song „Berxwedan jiyan e“. „Diejenigen, die Instrumente beschlagnahmt haben und keine Kunst zulassen wollten, haben nun ein Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen diejenigen, die die gesungenen Lieder begleiteten, dazu klatschten und tanzten“, so Kulpu.

Erdoğan, erinnert Kulpu, hatte sich vor einigen Jahren selbst mit Şiwan Perwer feiern lassen. „Diejenigen, die Şiwan Perwer gestern auf die Bühne brachten und mit ihm Hand hielten, betrachten sein Lied heute als Straftat und leiten ein Ermittlungsverfahren ein. Das Regime kann die Sprache der Kurden, ihre Tänze, ihren Rhythmus und ihren Jubel nicht ertragen. Diese Ermittlung ist einfach nur tragikomisch. Ich fürchte, das ist es, was uns in diesem Jahrhundert zufällt. Der Grund für solche Verfahren ist der Hass, weil unser Volk trotz all der Hindernisse zusammenkommt. Diese Verfahren werden uns niemals zum Zurückweichen bringen.“

Wo auf der Welt ist Singen und Tanzen ein Verbrechen?“

Die Ko-Vorsitzende des Provinzverbands der HDP, Fatma Ablay, sagt: „Tausende von Menschen waren an diesem Tag auf dem Platz, tanzten im Kreis und klatschten im Rhythmus. Trotz aller Hindernisse sind die Musiker aufgetreten. Was jetzt geschieht, ist einfach nur absurd. Ich meine, wo auf der Welt ist es ein Verbrechen, zu singen, zum Rhythmus zu klatschen oder zu tanzen? Tatsächlich zeigt dieses Ermittlungsverfahren, mit welcher Art von Justiz wir konfrontiert sind. Wir sagen: ‚Widerstand heißt Leben.‘ Das wiederholen wir. Wir wissen, dass es notwendig ist, in allen Bereichen des Lebens Widerstand zu leisten, und dementsprechend gehen wir vor.“

Von wem habt ihr den Befehl für die Kundgebung erhalten?“

Albay berichtet von den Fragen, die ihr im Verhör gestellt wurden. So sei sie gefragt worden, von wem sie den Befehl erhalten habe, die Kundgebung zu veranstalten. Ablay erklärt dazu: „Dass uns diese Frage gestellt wurde, obwohl alle notwendigen Genehmigungen eingeholt worden waren, ist ein Hinweis darauf, wie die Ermittlung eingeleitet wurde. Es muss einen Befehl dazu gegeben haben. Wir sagen es nochmals, in allen Bereichen des Lebens heißt Widerstand Leben. Wenn sie ein Volk wollen, das keinen Widerstand leistet, dann werden sie das nie erleben.“