Der frühere Bürgermeister von Şirnex, Serhat Kadırhan, ist verhaftet worden. Der kurdische Politiker wird der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und der „Zerstörung der Einheit und Integrität des Staates“ beschuldigt.
Der kurdische Politiker Serhat Kadırhan ist in Amed (tr. Diyarbakır) verhaftet worden. Dem ehemaligen Ko-Bürgermeister der Stadt Şirnex (Şırnak) wird die „Zerstörung der Einheit und Integrität des Staates“ zur Last gelegt. Zudem wird er beschuldigt, PKK-Mitglied zu sein und Terrorpropaganda betrieben zu haben.
Kadırhan, der von Beruf Rechtsanwalt ist, wurde bei der Kommunalwahl im März 2014 als Kandidat der „Partei des Friedens und der Demokratie“ (kurz BDP) zum Ko-Bürgermeister von Şirnex gewählt. Die Schwesterpartei der HDP änderte noch im selben Jahr ihren Namen in DBP (Partei der demokratischen Regionen). 2016 wurde Kadırhan im Zuge des ersten Putschs der türkischen Regierung gegen die kurdische Kommunalpolitik abgesetzt und durch einen Zwangsverwalter ersetzt. Kurz darauf begann eine große Verhaftungswelle, in deren Verlauf Politiker:innen wie die früheren HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş verhaftet wurden. Vor zwei Jahren folgte mit einer erneuten Einführung eines Treuhänder-Regimes der zweite Schlag Ankaras gegen kurdische Rathäuser.
Festgenommen wurde Serhat Kadırhan am vergangenen Freitag bei einer Operation von Antiterroreinheiten der türkischen Polizei. Die Razzia in einer Wohnung im Bezirk Rezik (Bağlar) erfolgte auf Grundlage einer Fahndungsausschreibung der Generalstaatsanwaltschaft Şırnak. Die zieht in dem Ermittlungsverfahren gegen Kadırhan als Beweis heran, dass sich der Politiker während den Ausgangssperren zwischen 2014 und 2016 an Kundgebungen beteiligt haben soll.
Für seine Vernehmung wurde Kadırhan am Montag noch in Polizeigewahrsam über das Videokonferenzsystem SEGBIS zum Justizpalast in Şirnex geschaltet. Der zuständige Richter ordnete mit Verweis auf den „Fluchtanreiz aufgrund der hohen Straferwartung“ Untersuchungshaft an. Kadırhan ist inzwischen in ein Hochsicherheitsgefängnis in Amed überstellt worden. Wann der Prozess gegen ihn eröffnet wird, ist unklar. Sollte der Politiker verurteilt werden, drohen ihm allein wegen der behaupteten PKK-Mitgliedschaft sowie Propaganda bis zu 22 Jahre Haft.
