Zwei Jahre nach Einführung der Zwangsverwaltung

Vor zwei Jahren hat mit der Absetzung der Bürgermeister:innen von Amed, Mêrdîn und Wan die Zwangsverwaltung kurdischer Kommunen begonnen. 31 Bürgermeister:innen wurden verhaftet. Die HDP-Politikerin Meral Danış Beştaş sieht sie als politische Geiseln.

Zwei Jahre nach der Amtsenthebung der Ko-Bürgermeister:innen von Amed, Mêrdîn und Wan (tr. Diyarbakir, Mardin, Van) durch das türkische Innenministerium hat eine Kundgebung vor dem Provinzverband der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Wan stattgefunden. An der Kundgebung nahmen die Vizefraktionsvorsitzende Meral Danış Beştaş, weitere Abgeordnete und abgesetzte Bürgermeister:innen mit einem Transparent mit der Aufschrift „Wir sind die HDP, wir sind überall. Wir kämpfen gegen die Zwangsverwalter“ teil.

Die stellvertretende HDP-Fraktionsvorsitzende Meral Danış Beştaş hielt eine Ansprache, die sie mit Grüßen an die Bürgermeister:innen in den türkischen Gefängnissen einleitete. Es handele sich nicht um Gefangene, sondern um politische Geiseln. „Geiselnahme bedeutet in diesem Fall, dass vom Volk gewählte Menschen zwischen vier Wänden eingesperrt werden, weil sie sich für ihr Volk eingesetzt und die Wahrheit gesagt haben. Im Moment wird die gesamte Türkei einem Zwangsverwalterregime ausgeliefert. Als der erste staatliche Treuhänder eingesetzt wurde, haben wir davor gewarnt und gesagt: Wenn wir jetzt nicht unsere Stimmen erheben, wird sich dieses Regime durchsetzen. Inzwischen hat sich diese Sorge bewahrheitet“, sagte die Politikerin.
Meral Danış Beştaş führte weiter aus, dass in den zwangsverwalteten Kommunen Korruption herrscht und die Treuhänder für den Profit der Regierung sorgen. Die Rathäuser seien in Garnisonen verwandelt worden und die Zwangsverwalter könnten sich nur mit Personenschützern bewegen. Die HDP und das kurdische Volk ließen sich jedoch mit keiner Methode in die Knie zwingen: „Wir sind stärker als ihr, weil wir im Recht sind. Die HDP bedeutet Hoffnung und sie ist weiterhin aufrecht auf den Beinen.“

IHD: Das Wahlrecht ist faktisch abgeschafft

Auch der Menschenrechtsverein IHD in Amed hat eine Stellungnahme zum Jahrestag der staatlichen Übernahme von Kommunalverwaltungen in den kurdischen Provinzen der Türkei am 19. August 2019 abgegeben. Laut IHD hat die Abschaffung des aktiven und passiven Wahlrechts in der Türkei bereits 2016 mit der Usurpation von 95 DBP-geführten Rathäusern begonnen.

Von den am 31. März 2019 gewählten Bürgermeister:innen wurde sechs die Amtseinführung aufgrund von Regierungsdekreten verweigert. Dasselbe galt für 55 in die Stadt- und Gemeinderäte gewählte Personen. 49 gewählte Bürgermeister:innen wurden des Amtes enthoben und durch Zwangsverwalter ersetzt, 31 von ihnen wurden verhaftet. Außerdem wurden 86 Mitglieder der Stadt- und Gemeinderäte abgesetzt. Den Bürgermeister:innen wurde insbesondere zur Last gelegt, dass sie eine genderparitätische Doppelspitze praktiziert haben. Der Menschenrechtsverein sieht in dem laufenden Verbotsverfahren gegen die HDP den Höhepunkt der Abschaffung des Wahlrechts.