Auch nach der Absetzung Anfang des Jahres per Präsidialdekret ernannten Rektors der Istanbuler Boğaziçi-Universität, Melih Bulu, gehen die Proteste der Studierenden weiter. Am Freitag gingen sie in Kadiköy unter Parolen wie „Alle Zwangsverwalter müssen gehen“, „Die Universitäten gehören uns“ und „Bye bye Melih“ auf die Straße.
An der Demonstration nahmen neben den Studierenden viele Vertreter:innen der Zivilgesellschaft teil, unter ihnen die HDP-Abgeordneten Dersim Dağ und Musa Piroğlu sowie die Vorsitzende des HDP-Provinzverbands Istanbul, Elif Bulut.
„Bulu wurde abgesetzt, weil er nicht in der Lage war, den Widerstand zu brechen“
Im Namen der Boğaziçi-Solidarität erklärte Beha Yıldız, Melih Bulu sei das letzte Opfer der Regierungskrise. Sie spielte damit darauf an, dass der als Zwangsverwalter über die Boğaziçi-Universität eingesetzte Erdoğan-Günstling Melih Bulu vor wenigen Tagen per Präsidialdekret aus dem Amt entfernt worden war. Bulu sei abgesetzt worden, weil er nicht in der Lage gewesen sei, den Widerstand der Studierenden zu brechen, sagte Yıldız und fuhr fort: „Die ganze Depression des herrschenden antidemokratischen Systems wurde auf ihm abgeladen. Wer weiterhin Diener dieses Systems sein will, sollte sich das Schicksal von Melih Bulu genau anschauen. Natürlich wissen wir, dass durch diese Präsidialdekrete, mit denen unter anderem der Austritt aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt und der Ausschluss der Akademiker:innen für den Frieden von der Universität durchgesetzt wurde, rein gar nichts für die Demokratie erreicht werden kann. Wir sind uns auch bewusst, dass wir die Zwangsverwalter in den Universitäten nicht loswerden werden können, ohne uns von den Zwangsverwaltern, die in den HDP-Kommunalverwaltungen eingesetzt wurden, zu befreien.“
„Wir wollen mit den politisch Verantwortlichen abrechnen“
Die Studierendenvertreterin wies auf die Repression an den Universitäten durch den Hochschulrat (YÖK) hin und erklärte, das Regime versuche weiterhin, alle Segmente der Gesellschaft zu kontrollieren. Auch die Repression an der Boğaziçi-Universität werde fortgesetzt. Yıldız forderte Gerechtigkeit für die Opfer der Massaker des Regimes und seiner Söldner und Freiheit für die gefangenen Studierenden. Sie schloss ihre Erklärung mit den Worten: „Wir wollen nicht mehr mit den einfachen Dienern des Regimes, den Befehlsempfängern von privaten Sicherheitsdiensten oder der Polizei; sondern mit den politisch Verantwortlichen für das Zwangsverwalterregime abrechnen. Wir wollen die Probleme aller Menschen in diesem Land thematisieren, uns hinter diesen Worten vereinen und damit einen Stein auf dem Weg des vereinten und unabhängigen Kampfes der Arbeiter:innen und Unterdrückten legen. Bis also alle Zwangsverwalter, nicht nur an der Boğaziçi-Universität, verschwunden sind, werden wir unseren Kampf fortsetzen, wir werden weitermachen.“
Die Ko-Vorsitzende der HDP Istanbul, Elif Bulut, und der HDP-Abgeordnete Dersim Dag riefen ebenfalls zu einem gemeinsamen Kampf gegen alle Zwangsverwalter auf.