Unter der Parole „Wir werden uns nicht von diesem Weg abwenden“ haben Studierende der Boğaziçi-Universität in Istanbul angekündigt, ihren Widerstand auch nach der Absetzung des per Dekret ernannten Rektors Melih Bulu fortzusetzen. Für den Freitag sind Demonstrationen in Kadıköy geplant. Sechs Monate zuvor war der AKP-Politiker Melih Bulu vom türkischen Präsidenten direkt zum Rektor der Boğaziçi-Universität ernannt worden. Seitdem hielten die Proteste der Studierenden und des Personals an.
Am Donnerstag fand eine Demonstration über den Universitätscampus statt. Die Studierenden betonten, der Kampf fange jetzt erst an. In einem Statement der Studierenden heißt es: „Nichts hat sich heute geändert! Wir werden noch entschlossener weiterkämpfen. Das Opfer des Zwangsverwaltersystems, das mit den Verordnungen im Ausnahmezustand begann, ist heute Melih Bulu, der seinen Willen dem Palast anvertraut hat."
„Wir weichen keinen Schritt zurück“
Weiter heißt es in der Erklärung der Studierenden: „Als Elemente der Boğaziçi-Universität sind wir in diesem Prozess keinen Schritt zurückgewichen, und wir werden auch weiterhin keinen Schritt zurück tun, bis unsere demokratischen Forderungen erfüllt sind.
Wir wissen, dass Präsidialdekrete nichts für die Demokratie erbringen können. Diese Dekrete sind verantwortlich für die Annullierung der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt, die Entlassung der Akademiker:innen für den Frieden und die Ernennung von Zwangsverwaltern in den Gemeinden der Demokratischen Partei der Völker (HDP).
Heute gibt es keine Anzeichen für ein Ende der Politik der Gewalt und der Repression, die gegen diejenigen begonnen wurde, die sich 2015 gegen die Wahl von Erdoğan zum Präsidenten gestellt hatten.“
„Zwangsverwalter weiterhin im Amt“
„Es wird versucht, die Anhänger:innen der HDP, deren gewählte Vertreter:innen durch Zwangsverwalter ersetzt wurden, mit Parteiverbot und Angriffen einzuschüchtern. Während Dutzende von Akademiker:innen an der Universität Ankara entlassen wurden, ist [Rektor] Erkan İbiş noch im Amt.
Der Druck des Hochschulrats (YÖK), eine der Institution des Putsches, auf die Universitäten ist nach wie vor massiv. Die Blockade der Boğaziçi-Universität ist wie im Fall aller Universitäten noch nicht abgeschlossen.“
„Nichts hat sich geändert“
„Es gibt nichts, was sich heute geändert hat! Inmitten einer Krise will die Regierung alle Teile der Gesellschaft dominieren. Den in Suruç (ku. Pirsûs) Massakrierten wurde die Gerechtigkeit vorenthalten. Die Verantwortlichen für das Massaker vom 10. Oktober 2015 in Ankara wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Selahattin Demirtaş, Figen Yüksekdağ und alle weiteren politischen Gefangenen wurden nicht freigelassen. Es befinden sich immer noch Tausende von Universitätsstudierenden in Haft, darunter die Studierenden der Boğaziçi-Universität, Adalet Karataştan und Tahsin Barutçu.
„Wir rufen zum Kampf auf“
„Das Leben von LGBTI+-Personen und Frauen ist in Gefahr. Die Ausbeutung von Natur und Arbeit geht in der ganzen Türkei mit voller Geschwindigkeit weiter. Die einzige verhaftete Person im Soma-Fall ist der Anwalt Selçuk Kozağaçlı und er hatte die Rechte der getöteten Bergarbeiter verteidigt!
Aus diesem Grund sagen wir heute, dass es keinen Grund zur Freude gibt und der Kampf gerade erst begonnen hat. Wir rufen alle Gruppen, deren demokratische Rechte usurpiert wurden, zum unabhängigen und gemeinsamen Kampf auf.“