Drei YBŞ-Mitglieder bei Drohnenangriff in Şengal getötet

Der türkische Drohnenangriff vom Sonntag in der ezidischen Hochebene Serdeşt richtete sich gezielt gegen die Widerstandseinheiten Şengals, die unter dem Eindruck des IS-Genozids von 2014 gegründet wurden. Drei Mitglieder des Kampfverbands wurden getötet.

Der Drohnenangriff vom Sonntag auf ein Fahrzeug in der Hochebene Serdeşt in Südkurdistan richtete sich gezielt gegen die Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ). Wie der Kampfverband mitteilt, wurden bei dem von einer türkischen Killermaschine in der Nähe eines Vertriebenenlagers ausgeführten Luftschlag drei YBŞ-Mitglieder getötet. Die Identität der Gefallenen werde jedoch zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht, hieß es.

„Dieser um etwa 13:50 Uhr Ortszeit durch die Luftwaffe des türkischen Staates verübte brutale Angriff gegen einen Wagen unserer Kräfte hat den Tod von drei unserer Freunde verursacht“, erklären die YBŞ in einem ersten Statement. Das Ziel hinter diesem und vorausgegangenen Anschlägen der Türkei im ezidischen Kerngebiet Şengal sei es, die sichere und friedliche Atmospähre in der Region zu stören und die Rückkehr von vertriebenen Ezidinnen und Eziden zu verhindern. „Die Verräter und feindlichen Kräfte, die glauben, dass wir durch diese Angriffe auch nur einen Schritt zurückweichen werden, sollten jedoch wissen, dass unsere Verbundenheit dem Weg der Gefallenen gilt. Wir werden den Kampf für unsere legitimen Rechte nicht aufgeben, sondern mit einem Sieg krönen.“

Die Widerstandseinheiten YBŞ sind – wie auch der autonome Frauenverband YJŞ (Yekîneyên Jinên Şengalê) – nach dem Genozid der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) 2014 in Şengal, dem letzten zusammenhängenden Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft, gegründet worden. Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es dort seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen des Verwaltungsgremiums „Demokratischer Autonomierat Şengals“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten, zu denen neben den YBŞ und YJŞ auch die Sicherheitsbehörde Asayîşa Êzdîxanê gehört. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung, die oftmals Überlebende des Völkermords des IS sind.

Das Video von RojNews zeigt das ausgebrannte Wrack des bombardierten Pickups. Der Wagen bewegte sich im Straßenverkehr, als es von der Drohne erfasst und in der Folge weggeschleudert wurde.


Die türkische Führung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen „PKK-Stellungen“ vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe. Der Irak und die internationale Gemeinschaft ignorieren die türkischen Kriegsverbrechen in Şengal, obwohl viele Länder die IS-Massaker an den Ezidinnen und Eziden als Völkermord anerkannt haben.

Minenräumer unter dem Deckmantel Terrorbekämpfung getötet

Ende Mai wurde Said Êşur (Said Ashor) bei einem türkischen Drohnenangriff auf ein Wohnhaus in Xanesor getötet. Der Ezide, der zahlreiche Angehörige bei dem Überfall des IS in Şengal verlor, arbeitete seit 2016 für die britische NGO Mines Advisory Group (MAG), die sich international für Minenräumung in Krisen- und Konfliktgebieten einsetzt. Der türkische Staat behauptete dagegen, Êşur sei „Terrorist“ gewesen. Ende Februar wurden mit Pîr Çeko und Agir Cefrî zwei Kommandanten der Widerstandseinheiten YBŞ bei einem Drohnenschlag getötet. Zwei Tage später kam Şêrzad Şemo Qasim aus der Leitung der Asayîşa Êzdîxanê ums Leben – ebenfalls durch einen Luftangriff.