Nach der Ermordung des Repräsentanten des Nationalkongress Kurdistan (KNK) in Hewlêr, Deniz Cevdet Bülbün, durch mutmaßliche Attentäter des türkischen Geheimdienstes sind offenbar zwei Verdächtige festgenommen worden. Es handele sich dabei um zwei Männer mit türkischer Staatsbürgerschaft, erklärte der mit dem Fall betraute Rechtsanwalt Aso Haşim nach entsprechenden Medienberichten auf Anfrage von RojNews. Die Polizei der Kurdistan-Region Irak wollte zunächst keine Stellungnahme dazu abgeben. Auch das südkurdische Innenministerium nannte keine Einzelheiten.
Deniz Cevdet Bülbün war am 18. September in der KNK-Vertretung im Raperîn-Viertel erschossen worden. Der 36-Jährige stammte ursprünglich aus Gever (tr. Yüksekova) in Nordkurdistan und floh vor politischer Verfolgung durch das türkische Regime. 2011 wurde Bülbün verhaftet und war knapp anderthalb Jahre in Wan im Gefängnis. Nach seiner Entlassung arbeitete er im Vorstand des Vereins Kurdî-Der in Gever und gab Kurdischunterricht. Zwischen 2014 und 2016 unterrichtete er in der Politikakademie Gever und war Mitglied in dem selbstverwalteten Volksrat der Stadt. Weil nach dem Widerstand für Selbstverwaltung im Jahr 2015 nach ihm gefahndet wurde, ging er 2016 nach Rojava und setzte seine Forschungsarbeit zur kurdischen Sprache und Kultur fort. Seit 2019 lebte er in der Hewlêr, wo er für den KNK arbeitete.
Den im Zusammenhang mit Bülbüns Ermordung festgenommenen 38 und 45 Jahre alten Männern wird laut Rechtsanwalt Aso Haşim vorgeworfen, das Geld für den Anschlag bezahlt und eine Schusswaffe zur Verfügung gestellt zu haben. Sie hätten bereits ein Geständnis abgelegt, beim Strafgericht in Hewlêr sei Anklage nach Terror-Paragraf erhoben worden. Der eigentliche Schütze befinde sich aber nicht unter ihnen. Er sei ein Araber aus Bagdad und soll nach der Tat in der irakischen Hauptstadt untergetaucht sein. Ob eine Fahndung nach ihm herausgegeben wurde, darüber lagen zunächst keine Hinweise vor.
Anschlagsserie in Südkurdistan
Deniz Cevdet Bülbün ist das bislang letzte Opfer einer seit September 2021 andauernden Serie von tödlichen Attentaten auf Oppositionelle aus Nordkurdistan und der kurdischen Bewegung nahestehende Personen in der KRI. Vor ihm waren bereits mehrere Menschen ermordet worden: Hüseyin Arasan, aus der Türkei geflüchteter Aktivist und Mitglied des Vereins der Werktätigen aus Mesopotamien (KKM), der von politischen Verfolgten aus Nordkurdistan gegründet wurde; Hüseyin Türeli, ebenfalls aus Nordkurdistan geflüchteter Aktivist; Nagihan Akarsel, Akademikerin, Herausgeberin der Zeitschrift Jineolojî und Mitglied der Jineolojî-Akademie; Suheyl Xurşîd Ezîz, Autor und Historiker sowie Mitglied der Generalversammlung der südkurdischen Bewegung Tevgera Azadî; Zeki Çelebi, politischer Flüchtling und Mitglied im KKM; sowie Yasin Bulut (Şükrü Serhed) vom Komitee der Familien von PKK-Gefallenen. In allen Fällen gilt eine türkische Urheberschaft als mehr als wahrscheinlich. Die Verantwortlichen wurden nicht ermittelt.