Filmkommune Rojava dreht neuen Spielfilm: Heval Kekê Min

Im Norden Syriens wird ein neuer Spielfilm der Filmkommune Rojava produziert: „Heval Kekê Min“ erzählt die Geschichte der dreizehnjährigen Nûjin und beleuchtet verschiedene Facetten der Revolution von Rojava.

Die Filmkommune Rojava produziert einen neuen Spielfilm. „Heval Kekê Min“ handelt von dem durch die Rojava-Revolution von 2012 entstandenen Gesellschaftssystem in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Regisseur ist Haşim Aydemir, der international mit den Filmen Blackberry Season und 14 Tîrmeh bekannt wurde und in Rojava unter anderem die TV-Serie Evîna Kurd drehte. Das Szenario hat Rêber Habeş geschrieben. Wir haben mit der Regieassistentin Nadya Derwêş und der Hauptdarsteller Hajîn Ebdurrehman Mihemed über den Film gesprochen.

Ein Film über die Facetten der Revolution von Rojava


Nadya Derwêş stammt aus Serêkaniyê und ist seit 2015 bei der Filmkommune Rojava. Sie arbeitet auch als Regisseurin, für „Heval Kekê Min“ hat sie die Regieassistenz übernommen. Über den Film berichtete sie, dass es um die Revolution von Rojava geht und eine Dimension darin die basisdemokratischen Verwaltungsstrukturen sind: „Wir erzählen von der Geschwisterlichkeit der Völker und dem Zusammenleben in den Dörfern, in denen das Leben gemeinschaftlich gestaltet wird. Gleichzeitig geht es um die Offensiven gegen den IS und die Befreiung von Tabqa und Raqqa, den Kampf der YPG/YPJ und ihr Verhältnis zu Bevölkerung. Die Realität der Gesellschaft und der Kämpferinnen und Kämpfer wird aufgezeigt. Es wird hervorgehoben, wie gemeinsam ein System geschaffen wird. Vor allem aber wird zum Ausdruck gebracht, dass die Kämpferinnen und Kämpfer Kinder dieses Volkes und der Revolution sind. Die Rojava-Revolution hat viele Facetten und in unserem Film werden mehrere Themen miteinander verwoben. Natürlich ist das, was erzählt wird, wie ein Wassertropfen neben dem Meer."

Mit der Revolution entstand eigene Kunst

Nadya Derwêş erklärte, dass neben witterungsbedingten Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten auch die Angriffe des türkischen Staates ein großes Problem seien, sie diese aber nicht als Hindernis gelten lasse: „Es wird zu keiner Zeit ein Hindernis sein. Wenn wir revolutionäres Kino machen oder andere künstlerische Aktivitäten durchführen, können uns Angriffe nicht aufhalten. Bei unseren früheren Projekten war das schwierigste Problem die Schauspielerei. Wir sind mit der Realität eines Volkes konfrontiert, das seiner Kultur und Kunst beraubt ist. Es hat keine Kunst mit eigener Farbe, Kultur, Identität und Sprache geschaffen, es gab keine eigene Kunst. Mit der Revolution gibt es zum ersten Mal die Möglichkeit, revolutionäre Kunst mit eigenen Leuten, Mitteln und Erfahrungen zu erschaffen. Deshalb gibt es Defizite. Die Erfahrung unserer Darstellerinnen und Darsteller ist geringer als die Dauer der Revolution. Die Schauspieler in unseren Filmen, Serien und Theaterstücken sind Neulinge und keine Profis, die seit vielen Jahren künstlerisch tätig sind. Das erreichte Niveau hat seine Schwächen, aber die erzielten Ergebnisse sind wertvoll. Wir haben mit begrenzten Mitteln in einem Kriegsumfeld bei Null angefangen. Mit der Zeit werden wir eine professionellere Kunst haben. In dem Film Heval Kekê Min spielen sowohl Profis als auch Unerfahrene mit. Für uns ist es ein wechselseitiges Lernen und Lehren.“

Als Team arbeiten wir kollektiv

Das Drehbuch wurde bereits vor eineinhalb Jahren geschrieben, erzählte Nadya Derwêş: „Wir haben vor drei Monaten mit den Vorbereitungen begonnen, mit dem technischen Team, den Schauspielern usw. Einige der Schauspielerinnen und Schauspieler haben bereits in der Fernsehserie Evîna Kurd und anderen Filmen mitgewirkt. Die Vorbereitungen für die Produktion und die Ausstattung haben viel Zeit in Anspruch genommen. Ein neues Haus wurde gebaut, um eine geeignete Umgebung für die Dreharbeiten zu schaffen. Die Dreharbeiten begannen Anfang dieses Monats. Wir brauchen günstige Wetterbedingungen für die Dreharbeiten, manchmal sonniges, manchmal nebliges oder staubiges Wetter. Manchmal drehen wir eine Szene mehr als einmal, bis wir das gewünschte Bild erreicht haben. Je nach Wetterlage kommt es zu Unterbrechungen, aber wir haben wir ein gewisses Niveau erreicht. Unsere Darstellerinnen und Darsteller haben sich an ihre Rollen angepasst. Unsere jüngste Darstellerin ist dreizehn Jahre alt und spielt die Hauptrolle. Obwohl sie zum ersten Mal in einem Film mitspielt, hat sie sich in kürzester Zeit an ihre Rolle gewöhnt und konnte sich in die Atmosphäre des Films hineinversetzen. Als Team arbeiten wir kollektiv."

Das Kino wird in Rojava neu erschaffen

Über ihre Arbeit in der Filmkommune sagte Nadya Derwêş: „Ich freue mich, an künstlerischen Aktivitäten im Rahmen der Revolution teilzunehmen, ich betrachte dies als große Chance. Das Kino wird in Rojava wiederbelebt. Ich habe das Filmemachen gelernt und wir lernen verschiedene Kulturen der Bevölkerung kennen, indem wir uns durch Filme mit den Menschen austauschen. Der Kontakt mit den Menschen, das gegenseitige Kennenlernen und das Aufgehen in der Gesellschaft sind das Wichtigste. Die Filmarbeit ermöglicht es mir, mich in die Menschen hineinzuversetzen und Kontakte zu knüpfen. Selbst wenn ich den technischen und künstlerischen Teil beiseite lasse, komme ich der Kunst durch das Lernen neuer Dinge von meinen Mitmenschen, das direkte Kennenlernen, einen Schritt näher."

Wir haben unsere Anfangsbegeisterung erhalten

Unter Hinweis darauf, dass der Aufbau der Revolution und der Krieg miteinander verwoben sind, erklärte Nadya Derwêş abschließend: „Unsere Beharrlichkeit und unser Widerstand bestehen darin, in einem solchen Umfeld Kunst aus der Asche zu schaffen. Die Fiktionen unserer Filme, Serien und Theater sind mit der Wahrheit verwoben, sie sind Teil der gelebten Erfahrungen. Das Drehen in einem solchen Umfeld gibt Kraft. Es wird von Widerstand, Freiheit und Kampf erzählt. Tatsächlich beweist die Tatsache, dass wir ohne Pause arbeiten und die Dreharbeiten nicht aufhören, dass wir trotz des Krieges Widerstand leisten und kämpfen. Wir schöpfen unsere Kraft aus der Tatsache, dass die Menschen die Filme annehmen, weil sie in ihrer Sprache von ihrer Kultur, Identität und Existenz erzählen. In den Anfangszeiten freuten sich die Menschen und sagten, dass wir jetzt auch Filme haben werden. Wenn wir keinen Kinosaal haben, kommen wir trotzdem von klein bis groß zusammen und sehen uns die Filme gemeinsam auf einer weißen Leinwand an. Was könnte erfreulicher sein? Wir haben uns unsere erste Begeisterung bewahrt. Ich hoffe, dass wir in der kommenden Zeit noch erfolgreicher sein werden und gute Werke hervorbringen, die die Herzen der Menschen ansprechen."

So geht der Film weiter ...


Die Hauptdarstellerin Hajîn Ebdurrehman Mihemed stammt aus Qamişlo und spielt in ihrer Rolle das Mädchen Nûjin. Auf unsere Fragen nach ihren Erfahrungen und den Dreharbeiten sagte die Dreizehnjährige: „Ich habe in drei Theaterstücken mitgespielt und wurde als beste Theaterschauspielerin ausgezeichnet. Jetzt spiele ich die Hauptrolle in dem Film Heval Kekê Min. Der Übergang vom Theater zum Film war schwierig. Während man im Theater eine größere Bandbreite an Einstellungen hat, gibt es im Film Detailaufnahmen. In dieser Hinsicht gab es Schwierigkeiten, aber ich habe mich in kurzer Zeit an meine Rolle gewöhnt. Ich spiele die Figur der Nûjin. Als Nûjin geboren wurde, schloss sich ihr Bruder der Guerilla an, und sie hatte keine Gelegenheit, ihn zu sehen. Sie trifft einen Guerillakämpfer namens Baran und denkt, er sei ihr Bruder. So geht der Film weiter ..."