Die Ermordung, Verhaftung, Folter und Unterdrückung von Journalist:innen ist seit vielen Jahren eines der Hauptprobleme in Başûrê Kurdistanê (Südkurdistan). Ein Beispiel dafür ist Silêman Ehmed, der im Oktober vergangenen Jahres von PDK-Kräften verhaftet und an einen unbekannten Ort verschleppt wurde. Sämtliche Medienorganisationen in Başûr, außer denen der PDK, haben sich des RojNews-Redakteurs Silêman Ehmed angenommen und auf den Fall aufmerksam gemacht.
Es wäre unvollständig, die Bestrafung und Inhaftierung von Journalist:innen, Intellektuellen, Demokrat:innen und Revolutionär:innen durch die Regionalregierung Kurdistans zu erklären, ohne das in Başûr geschaffene System und die Realität der Gefängnisse offen zu legen.
In der Gesellschaft, in der wir geboren und aufgewachsen sind, werden Gefängnisse als „Gräber der Lebenden" bezeichnet. Gefängnisse gibt es, seit es Herrschaft gibt, denn Herrschaft bedeutet Diebstahl, Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Krieg und Mord. Deshalb leben die Herrschenden in ständiger Angst, weil sie sich an der Gemeinschaft schuldig machen. Sie greifen zu allen möglichen Mitteln und Methoden, um die Gesellschaft zu unterdrücken. Kerker hat es schon immer gegeben, aber nach der Kreuzigung Jesu Christi erkannten die Herrschenden besser, wie wichtig es ist, Ideen zu töten. Die Machthaber haben sehr wohl gelernt, dass die physische Vernichtung einer Person, ohne den Sieg über ihre Ideen zu erringen - wie im Fall von Jesus Christus -, diese Idee unsterblich macht.
Der Kapitalismus geht mit subtileren Methoden unter dem Deckmantel von Recht und Menschenrechten vor. Wenn es ihm nicht gelingt, die Gedanken der gefangen genommenen Menschen mit einzukerkern, dann reißt er den Schleier des Rechts und der Menschenrechte herunter und enthüllt sein grausames Gesicht. Die türkische Gefängnisinsel Imrali ist das offensichtlichste Beispiel dafür.
Auch wenn diese Maßnahmen je nach Land, Region, Regierung und Epoche variieren, sind sie im Wesentlichen gleich: Unterwerfung, Schwächung des Willens, Entziehung der Identität, Versklavung... Die Geschichte ist voll von Beispielen dieser Art. Aber die Geschichte ist auch voller Beispiele für Menschen, die sich dagegen wehren. Es war schon immer so, dass diejenigen, die sich wehren, das letzte Wort haben.
Die Gedanken eines Menschen sind seine Identität und sein Selbst. Das unterscheidet den Menschen von allen anderen Lebewesen in der Natur. Einem Menschen seine Gedanken zu nehmen, bedeutet Entmenschlichung. Wenn Unterdrückte und Ausgebeutete ohne die richtige ideologische Vorstellung und Organisation gegen ihre Unterdrücker und Ausbeuter kämpfen, werden sie zwangsläufig zu einer sehr schlechten Kopie und einer hässlichen Nachahmung der Herrschenden. Auch dafür gibt es in der Geschichte viele Beispiele. „Je besser das Original, desto hässlicher die Nachahmung", sagt man dazu.
Michel Foucault beschäftigt sich in seinem Werk „Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses" mehr noch als mit dem geschichtlichen Hintergrund mit dem Zusammenhang zwischen Gefängnis und Herrschaft als Methode der Macht und enthüllt die Wahrheit in ihrer ganzen Nacktheit. Das demokratische Niveau eines Landes wird an den Bedingungen seiner Gefängnisse gemessen. Der Charakter oder das wahre Gesicht einer Regierung offenbart sich durch die Praxis in ihren Haftanstalten.
Wenn wir in diesem Zusammenhang die Gefängnisse in Südkurdistan betrachten, das geographisch im Nahen Osten liegt und dessen Regierung durch das kapitalistische System aufgebaut wurde, dann sehen wir eine sehr hässliche Nachahmung der rohen und primitiven Methoden der Monarchien und Herrschaftsdynastien im Mittelalter, vermischt mit der faschistischen Methode des Kapitalismus. Da die Form der Verwaltung weder auf einer zeitgenössischen Ideologie noch auf einer revolutionären Tradition und Vergangenheit basiert, geht sie nicht über die Nachahmung dessen hinaus, was sie von Saddam, dem faschistischen türkischen Staat, dem syrischen und iranischen Regime gesehen und gelernt hat. Das unter der Führung der Familie Barzanî aufgebaute System basiert auf dem westlichen Kapitalismus und imitiert als Regierungssystem die arabischen Königreiche im Nahen Osten. Es ist ein Regierungssystem, das vom Vater an den Sohn weitergegeben wird.
Die PDK steht seit ihrer Gründung im Jahr 1946 unter der Herrschaft der Barzanîs. Die Regierung von Başûr ist seit ihrer Gründung im Jahr 1992 in den Händen der Familie Barzanî. In diesem System ist alles, von der Gesetzgebung bis zur Justiz, in den Händen dieser Familienmacht und muss ihr dienen. Darüber hinaus hat die PDK den von Anfang an von Barzanîs geleiteten Geheimdienst Parastin gegründet und agiert mehr als geheimdienstliche Organisation denn als Partei. Heute ist es der Geheimdienst Parastin, der die Geschicke der PDK und der Regierung von Başûr bestimmt.
In der Zeit von 1963 bis 1975, als die PDK stark war, hatte sie drei berühmte Gefängnisse namens Rayat, Xelan und Mawet, in denen Hunderte von Menschen gefoltert und ermordet wurden. 99 Prozent der in diesen Gefängnissen Inhaftierten und Ermordeten waren kurdische Revolutionär:innen, die meisten von ihnen waren Mitglieder der Kommunistischen Partei.
Es liegt in der Natur einer konterrevolutionären Partei, Revolutionär:innen in Gefängnisse zu sperren. Wenn wir die Geschichte der PDK betrachten, so hat sie die revolutionär-demokratischen Bewegungen in Kurdistan mehr bekämpft als den Feind. Da die in Başûr entstandenen revolutionär-demokratischen Bewegungen die Realität der PDK nicht richtig verstehen und nicht überwinden konnten, war ihre Auslöschung trotz aller Kämpfe und der dabei geleisteten Opfer nicht zu verhindern.
Jedes Land hat ein eigenes Guantanamo
So wie es notwendig ist, die Gefängnisse eines Landes zu betrachten, um die Regierungsform zu verstehen, so muss man auch die Form, die Geschichte und das Modell dieser Regierung beleuchten, um die Praxis in den Gefängnissen zu begreifen. Deshalb sind wir zur Einführung kurz auf die PDK und die Barzanîs eingegangen.
Jedes Land, jede Regierung hat ein Guantanamo: Abu Ghraib im Irak, Evin im Iran, Imrali in der Türkei, usw. Das der PDK war das Gefängnis von Akre. Die Praxis in diesen Gefängnissen bestimmt die Bedingungen in allen anderen Gefängnissen und wird zu einer Art, die Gesellschaft zu regieren. Auf der anderen Seite wirkt sich der revolutionäre Widerstand in den Gefängnissen auf die Form des gesellschaftlichen Kampfes gegen dieses System aus. 1982 bestimmte der Widerstand gegen den türkischen Faschismus im Kerker von Amed den Charakter des Kampfes des kurdischen Volkes und der kurdischen Freiheitsbewegung. Die Machthaber wollten die Gefängnisse in einen Friedhof für Revolutionär:innen verwandeln, aber die Revolutionär:innen verwandelten diese höllischen Orte in Schulen, Akademien, Zentren der Aufklärung, in denen der Wille getestet und gestählt wurde, und in einen Raum der Abrechnung mit den Herrschenden. In den Gefängnissen der Länder, die Kurdistan besetzt halten, und in den Gefängnissen der mit ihnen kollaborierenden PDK wird diese Tradition des Widerstands mit all ihrer Vitalität fortgesetzt.
Im kapitalistischen Zeitalter ist eine der Widerstandsmethoden revolutionärer Gefangener der Hungerstreik. Man nimmt den körperlichen Tod in Kauf, um seine Gedanken am Leben zu erhalten. Wenn es keine Bedingungen mehr gibt, die Gedanken und damit die eigene Identität, das Selbst, die Würde am Leben zu erhalten, dann muss man dem Gedanken Leben geben, indem man seinen Körper tötet. Mit dem Hungerstreik von Mazlum Dağ und Abdurrahman Er im Gefängnis von Hewlêr im Jahr 2023 sind die von der PDK kontrollierten Haftzentren erneut in Kritik geraten. Diese beiden revolutionären Patrioten wurden verhaftet und und vor einem Gericht der Regionalregierung von Başûr zum Tode verurteilt, weil sie anderen dabei geholfen haben sollen, ein Element der Besatzungsmacht in Kurdistan zu bestrafen.
Dieser Diensteifer der PDK ist nichts Neues. In den Jahren 1992, 1995 und 1997 kämpfte die PDK gemeinsam mit dem türkischen Staat gegen die kurdische Freiheitsbewegung. Einige verletzt in Gefangenschaft geratene Guerillakämpfer:innen wurden von der PDK an die Besatzer ausgeliefert, andere wurden ermordet und einige wurden jahrelang inhaftiert und gefoltert, um sie zur Kapitulation und zur Kollaboration mit den Besatzern zu zwingen. Um das zu erreichen, probierte die PDK alle klassischen und modernen Methoden aus, die sie von den Besatzern gelernt hat. Trotzdem hat es immer Widerstand gegeben und nie an revolutionärer Haltung gefehlt.
In der Vergangenheit war das Gefängnis der PDK in Akre das Zentrum dieser Methodik. Die Praxis in Akre war ausschlaggebend für das Vorgehen in allen Gefängnissen. Inzwischen sind alle Haftzentren unter der Kontrolle der PDK wie das Akre-Gefängnis geworden. Daneben gibt es aber auch geheime Gefängnisse der PDK-Geheimdienstorganisation Parastin, die unter der Kontrolle von Mesrûr Barzanî stehen. Sie sind direkt mit der Familie Barzanî und dem Geheimdienst Parastin verbunden. Die Regionalregierung Kurdistans hat keine Autorität und Kontrolle über sie. Hier gelten keine Gesetze und Rechte. Nur Revolutionär:innen, Demokrat:innen und Barzanî-Gegner:innen werden in diese Gefängnisse gesteckt.
Die Art und Weise, wie ein Land, eine Region oder eine Partei an der Spitze regiert wird, findet ihre Entsprechung in allen Institutionen an der Basis. Da die Barzanîs in Başûr eine familiäre und stammesbezogene Regierungsform aufgebaut haben, werden alle Institutionen, insbesondere die Gefängnisse, auf diese Weise geleitet. Jede Einrichtung und Organisation in Başûr steht unter der Kontrolle von Familien oder Stämmen, die mit dem Barzanî-Clan zusammenarbeiten, den Profit mit ihm teilen und ihm Treue geschworen haben. Der Direktor des Gefängnisses von Akre war beispielsweise ein prominentes Mitglied einer einflussreichen Familie aus dem Stamm der Surçi, einem der größten Clans in Başûr. Er hatte seinen eigenen Sohn und Neffen zu stellvertretenden Gefängnisdirektoren ernannt, und auch das übrige Personal bestand aus engen Verwandten. Daher blieb alles, was er dort tat, innerhalb der Familie und drang nicht nach außen. Er verwendete alle Finanzmittel für sich und seinen Familienkreis. Selbst dringenden Bedarf wie medizinische Behandlung und Medikamente verkaufte er den Gefangenen zu erhöhten Preisen. Er nahm auch hohe Bestechungsgelder von Angehörigen, damit die Gefangenen nicht gefoltert werden. So wie die Regionalregierung von Başûr wie ein Unternehmen der Familie Barzanî geführt wird, so werden auch Institutionen und Organisationen wie Unternehmen von Familienclans geleitet. Das familien- und clanbasierte Regierungsmodell ist der historisch klassische und übliche Machtstil im Nahen Osten.
Mazlum Dağ und Abdurrahman Er waren eine Zeitlang mit IS-Terroristen auf derselben Station im Gefängnis untergebracht. Es ist allgemein bekannt, dass der IS der Feind der gesamten Menschheit und insbesondere der Kurd:innen ist. Trotzdem behandelte die PDK diese beiden revolutionären Kurden auf gleiche Weise wie die Islamisten. Auch die organische Beziehung zwischen dem türkischen Staat unter der Führung von R.T. Erdogan und dem MIT und dem IS ist eine bekannte Realität. Der türkische Geheimdienst versuchte, die beiden revolutionären Patrioten im Gefängnis über Kontakte zu IS-Terroristen ermorden zu lassen, was jedoch rechtzeitig erkannt und vereitelt wurde. Auch nach diesem Vorfall bestand die PDK darauf, die beiden im IS-Gefängnis festzuhalten, und beide traten aus diesem Grund 65 Tage lang in einen Hungerstreik. Die PDK verfolgt gegenüber diesen beiden jungen Menschen die Politik, sich entweder zu ergeben und Konterrevolutionäre zu werden oder von IS-Mitgliedern ermordet zu werden. Sie fürchtet Revolutionäre und betrachtet sie als gefährlicher für sich als den IS.
Inzwischen sitzen Dutzende von revolutionären Guerillakämpfer:innen und Sympathisant:innen in PDK-Gefängnissen. In der Vergangenheit hat die PDK die von ihr gefangen genommenen Guerillakämpfer:innen verhört und die Informationen an den türkischen MIT weitergegeben. Der MIT verfolgte die Verhöre heimlich und zeigte sich nicht. Doch seit Mesrûr Barzanî Premierminister ist, können der türkische Geheimdienst MIT und der türkische Konsul in Hewlér in die Gefängnisse gehen, um PKK-Gefangene zu verhören, sie zu bedrohen und ihnen unverschämte Angebote zu machen. Sie können dem Gefängnisdirektor Anweisungen erteilen, welche Art von Isolation und Politik gegen diese Gefangenen angewendet werden soll.
Jüngsten Informationen zufolge wurden verwundete und gesundheitlich schwer angeschlagene Revolutionäre in keiner Weise medizinisch behandelt. Einige von ihnen werden seit Jahren in geheimen Gefängnissen, die der Parastin angegliedert sind, allein in dunklen Zellen von zwei Quadratmetern festgehalten. Die Zellen sind im Sommer höllisch heiß und im Winter sehr kalt, die Gefangenen haben schwerwiegende gesundheitlichen Probleme und sie werden dem Tod überlassen. Diese Praxis erinnert an die Methoden, die der türkische Staat in den 1980er und 1990er Jahren gegen kurdische Gefangene anwandte. Einige von ihnen wurden in Krankenstationen untergebracht, in denen IS-Anhänger waren. Die Politik der PDK gegenüber diesen Revolutionären Kurdistans, die die Menschheit und auch die kurdische Regionalregierung gegen den IS verteidigt haben, besagt: „Entweder du wirst Konterrevolutionär oder du wirst sterben".
Und nach welchem Gesetz werden diese Revolutionäre inhaftiert? Nach irakischem und südkurdischem Recht ist die PKK zwar keine legale Partei, aber sie ist auch nicht verboten. Es gibt kein Gesetz, um diese Revolutionäre zu verhaften und vor Gericht zu stellen. Als 2014 der IS Kurdistan angriff, rief die PDK die Guerilla zur Hilfe. In der Amtszeit von Mesrûr Barzanî werden dieselben Guerillakämpfer verhaftet und mit Islamisten in eine Abteilung gesteckt.
Die einzige Tätigkeit aller verhafteten Journalist:innen war ihre journalistische Arbeit, aber sie arbeiteten nicht auf Befehl von Mesrûr Barzanî. Die als Behdînan-Gefangene in die Geschichte eingegangenen Journalisten und der RojNews-Redakteur Silêman Ehmed wurden mit der Begründung verhaftet, dass sie Beziehungen zur PKK unterhalten. Es geht nicht darum, zu wem sie Beziehungen haben, sondern darum, dass sie nicht im Dienste des von Mesrûr Barzanî geschaffenen antidemokratischen Systems stehen.
Die PDK hat eine Regierungsrealität, die sich damit rühmt, 2003 in Duhok eines der größten Gefängnisse des Nahen Ostens gebaut zu haben. Als die Regierung Südkurdistans 1992 gebildet wurde, war die PDK sehr schwach und hatte keine ernsthafte Kontrolle über die Bevölkerung. Sie steht den Machthabern so nahe, dass sie weiß, dass das von ihr angestrebte Modell erst dann verwirklicht werden kann, wenn sie ihren Erfolg in den Gefängnissen unter Beweis stellt. In den folgenden Jahren baute sie ihre Vorherrschaft aus, indem sie die Bevölkerung terrorisierte, mit der Ehre von Hunderttausenden Menschen spielte und sie in Gefängnisse steckte. Sie zerstörte die Realität einer Persönlichkeit, die gegen die Saddam-Diktatur Widerstand leistete und sich nicht unterwarf, und schuf stattdessen die Realität einer unterworfenen Persönlichkeit mit geschwächtem Willen, die alles von außen erwartet, aus ihrem Land flieht und deren Glaube an die Revolution gebrochen ist.
Wer Herrschaft durch Unterdrückung errichtet, gerät beim geringsten Geräusch, beim geringsten Widerstand in Panik. Wie alle Herrschenden gerät auch die PDK in Panik. Sie fürchtet sich und tut alles, um jeglichen Widerstand zu unterdrücken. Die Menschen in Başûr sehen in der PKK die einzige und letzte Hoffnung. Deshalb hält die PDK die PKK für gefährlicher als den IS und spricht es auch offen aus. Sie weiß sehr wohl, dass sie keine Ruhe finden wird, ohne diese revolutionäre Bewegung, die dem Volk Hoffnung gibt, zu ersticken. Deshalb greift sie bei jeder Gelegenheit zusammen mit den Besatzern die Guerilla, Şengal und die Rojava-Revolution an. Ihre Wut lässt sie an den revolutionären Gefangenen aus, weil diese sich nicht ergeben. Aber wie immer wird das letzte Wort von den Widerständigen gesprochen werden.