Der Journalist und Aktivist Hêmin Mamend erklärt, angesichts der Verfahren im Ausland gegen Angehörige des Barzanî-Clans stehe der Familie, welche die Regierung in Südkurdistan bestimmt, eine finstere Zukunft bevor.
Weite Teile Südkurdistan werden von der PDK (Demokratische Partei Kurdistans) beherrscht. Die PDK steht unter der Kontrolle des Barzanî-Clans und ist vollkommen von der Türkei abhängig. So hat die PDK eine Kopie der AKP/MHP-Diktatur in Südkurdistan errichtet. Nicht nur der türkische Geheimdienst mordet und verschleppt ungehindert sogar in der Hauptstadt Hewlêr (Erbil), sondern auch die PDK verfolgt jede kritische Meinungsäußerung. Das hat der bekannte Journalist Hêmin Mamend am eigenen Leib erfahren. Am 24. März 2020 stürmten von der PDK kontrollierten Sicherheitskräfte die Wohnung des Journalisten, durchsuchten die Räumlichkeiten und nahmen ihn ohne jeglichen Vorwurf oder gar staatsanwaltliche Anordnung fest. Er wurde bis zum 7. April 2020 in einem Kerker der PDK festgehalten. Dann kam er wieder frei. Er ließ sich jedoch in seiner Kritik am Regime der PDK nicht bremsen. So folgte im vergangenen Jahr erneut eine Serie von Festnahmen. Immer wieder wurde er bedroht und die Sicherheitskräfte versuchten, ihn zu erpressen.
Im ANF-Gespräch äußerte sich Mamend zu den Schwierigkeiten der Opposition in Südkurdistan und zum korrupten Barzanî-Regime. Aufgrund der politischen Lage und der Bedrohung durch die Türkei musste Mamend Hewlêr verlassen. „Ich komme aus Hewlêr, meine Vorfahren stammen auch aus Hewlêr. Aufgrund der politischen Situation und der Besetzung von Hewlêr durch die Familie Barzanî und den türkischen Staat lebe ich jedoch seit vier Jahren in Silêmanî. Ich musste Hewlêr verlassen. Ich wurde wiederholt von der Familie Barzanî und ihren Kollaborateuren bedroht und immer wieder festgenommen. 2017 wurde ich von Sicherheitskräften der PDK entführt und 2019 wurde ich auf die Betreiben von Metin Barzanî, dem Neffen von Neçirvan Barzanî, eine Woche lang festgehalten und dann zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt“, berichtete Mamend.
„Der türkische Staat betrachtet Behdînan als Teil der Türkei“
Im Jahr 2020 verbrachte ich fast zwei Monate im Gefängnis der PDK. Mesrûr Barzanî und die Staatsanwaltschaft von Hewlêr hatten zwölf Verfahren gegen mich eröffnet. Zwei meiner Verfahren wurden abgeschlossen, und ich wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem wurde eine Zusatzstrafe verhängt. Ich kann seit vier Jahren nicht nach Hewlêr fahren, in die Stadt meines Vaters und Großvaters, die Stadt meiner Erinnerungen. 2020 wurde um neun Uhr abends eine Razzia in meiner Wohnung durchgeführt, und ich wurde zehn Tage lang gefangen gehalten. Nach meiner Freilassung betonte ich in einem Interview, dass ich meinen Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Verfolgung fortsetzen würde. Nur 25 Stunden nach diesem Interview griffen PDK-Einheiten und Mitglieder des Barzanî-Clans mein Haus an. Nach Beschluss des Innenministeriums der Kurdistan-Region des Irak ist es eigentlich nicht möglich, das Haus eines Verdächtigen nach Sonnenuntergang zu stürmen. Selbst jetzt kann ich nicht nach Hewlêr fahren, weil der türkische Staat Hewlêr und Behdînan als türkisches Gebiet betrachtet.“
„Die Stimme der Freiheit wird nicht mehr schweigen“
Mamend sprach auch über die Kollaboration der Familie Barzanî mit den kurdenfeindlichen Kräften, insbesondere mit der Türkei, und führte aus: „Es ist allgemein bekannt, dass die Familie Barzanî als Stamm agiert. Sie glaubt nicht an Demokratie und Freiheit. Es handelt sich um Diktatoren. Ihre einzige Aufgabe ist es, die Anweisungen des Feindes zu erfüllen. Die Familie Barzanî hat im Laufe der Geschichte Dutzende von Massakern verübt, zum Beispiel die Morde an Faxîr Mêrgesorî und an Hemed Axa und seiner Familie, sowie die Ermordung der Mitarbeitenden der Zeitschrift Welat im Jahr 1997. Bis heute werden die Leichen dieser Ermordeten vermisst. Es ist erfreulich zu sehen, dass europäische Aktivisten wie Mekî Amêdî und Qadir Nadir und einige andere Freunde ein sehr gutes Dossier von 332 Seiten erstellt haben. In diesem Dossier sind 25 Klagen gegen die Familie Barzanî vor US-Gerichten enthalten. Diese Klagen beunruhigen die Barzanîs. Sie wissen, dass eine finstere Zukunft vor ihnen liegt. Sie werden nicht mehr in der Lage sein, die Stimme der Freiheit zum Schweigen zu bringen.“
„Mesrûr Barzanî ist ein Terrorist“
Mamend bezeichnete den südkurdischen Premierminister Mesrûr Barzanî als Terroristen und fuhr fort: „Ja, Mesrûr Barzanî ist ein Terrorist; er wird beschuldigt, meinen Freund und Kollegen Serdeşt Osman getötet zu haben. Mesrûr Barzanî hat nie im Dienste Kurdistans gestanden, im Gegenteil, er stand im Dienste der Besatzer und der Familie Barzanî. Wir haben vorausgesagt, dass die Freiheiten eingeschränkt werden würden, wenn Mesrûr Barzanî an die Macht käme, und so ist es leider auch gekommen. Den Berichten von Amnesty International, dem US-Außenministerium, dem Metro Center und Dutzenden anderen zufolge sind die Meinungs- und Pressefreiheit durch dieses Kabinett auf den Nullpunkt gebracht worden. Hewlêr und Behdînan sind kein sicherer Ort für Journalisten. Das Gefängnis war schon immer ein Ort für Helden und gute Denker. Zweifellos werden meine Freundinnen und Freunde mit Stolz aus dem Gefängnis kommen, mit einer neuen Erfahrung, noch widerständiger, und werden daran arbeiten, die Besatzer zu vernichten. Die Freiheit wird am Ende siegen.“
