EP-Konferenz: Perspektivwechsel in Bezug auf Kurden

Zum 16. Mal fand im Europaparlament die internationale kurdische Konferenz statt. In der Abschlusserklärung fordern die Teilnehmer einen Perspektivwechsel in Europa in Bezug auf die Kurden und einen neuen Diskurs im Umgang mit den Beziehungen zur Türkei.

Im Europaparlament in Brüssel hat diese Woche zum 16. Mal die internationale Konferenz „Die Europäische Union, die Türkei, der Mittlere Osten und die Kurden” stattgefunden. Die zweitägige Konferenz wurde von der EU-Turkey Civic Commission (EUTCC), den Fraktionen GUE/NGL, The Greens | European Free Alliance, den Socialists & Democrats und dem Kurdischen Institut Brüssel organisiert.

Den Anstoß zu dieser Konferenz, die seit 2004 jährlich stattfindet, gab der militärische Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Freiheitsbewegung in Nordkurdistan bzw. der Türkei. Ziel ist es, ein Forum zu bieten, von dem Impulse für eine politisch-diplomatische Lösung der kurdischen Frage ausgehen.

Die diesjährige Konferenz befasste sich hauptsächlich mit der Menschenrechtslage in der Türkei, der Isolation des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan, der Krise im Mittleren Osten, der Besetzung Nordsyriens und dem kurdischen Faktor in der Geopolitik des Mittleren Ostens sowie den demokratischen Lösungsperspektiven der Kurden. Einen der Höhepunkte der Zusammenkunft bildete die Rede von der aus Rojava angereisten Suad Mustafa: ihre Tochter, die kurdische Politikerin und Generalsekretärin der Zukunftspartei Syriens Hevrîn Xelef (auch Havrin Khalaf), wurde im vergangenen Oktober im Zuge der türkischen Invasion in Nordsyrien von Islamisten exekutiert.

In ihrer Abschlusserklärung fordern die Teilnehmenden der Konferenz einen neuen Diskurs im Umgang mit den Beziehungen zur Türkei und allgemein zum Mittleren Osten und unterstreichen, dass die Kurden „einen wichtiger Akteur für Stabilität, Festigung des Friedens, Demokratie, Ökologie und Gleichstellung der Geschlechter” in der Region darstellen. Die regionalen Allianzen und globalen Perspektiven der Kurden böten neue Ansätze für die Stabilisierung einer von Kriegen und Krisen betroffenen Region. „Aus diesem Grund sollte die Stärkung der Zusammenarbeit mit diesen demokratischen Kräften absolute Priorität haben”, heißt es außerdem.

Forderungen an Europa

In diesem Sinne hat die Konferenz sieben Forderungen formuliert, die sich an die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, ihre Institutionen und die Vereinten Nationen richten:

-Die Invasion der Türkei in Nordsyrien/Rojava muss als Bruch des Völkerechts benannt werden, die Politik der ethnischen Säuberung in den besetzten Gebieten verurteilt und die türkischen Truppen zum sofortigen Rückzug aufgefordert werden.

-Die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens sollte als wesentlicher Faktor für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts anerkannt und ihre Vertreter sowie die Kurden in das Komitee für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung einbezogen werden.

-Die Türkei muss eindringlich aufgefordert werden, ihren Luftangriffen und Besatzungsbemühungen in Irakisch-Kurdistan ein Ende zu setzen. Diese Aktivitäten stellen einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht dar.

-Desweiteren muss die Türkei aufgefordert werden, alle inhaftierten HDP-Mitglieder und gewählte Repräsentanten freizulassen, den Willen der Wähler zu respektieren und die Rückkehr der abgesetzten Bürgermeister ins Amt zu bewirken.

-Beim Thema Flüchtlingskrise und Bedrohung durch den Dschihad darf sich Europa von der Türkei nicht erpressen lassen und seine demokratischen Werte opfern.

-Die EU-Mitgliedsstaaten, europäische Institutionen und die UN werden aufgefordert, politische, juristische und diplomatische Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Türkei in Bezug auf die Isolation von Abdullah Öcalan an internationales Recht hält. Ferner muss die türkische Regierung verpflichtet werden, Öcalan für eine politische Lösung der kurdischen Frage freizulassen und den Friedensprozess wieder aufzunehmen.

-In Anbetracht der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union und des belgischen Kassationshofs, wonach die Arbeiterpartei Kurdistans PKK nichts als terroristische Organisation, sondern als eine Partei in einem bewaffneten Konflikt zu bewerten ist, sollten alle verfügten Einschränkungen von kurdischen Parteien und Einzelpersonen aufgehoben werden, um zu einer politischen Lösung beizutragen.