Kurdische Konferenz im Europaparlament in Brüssel

In Brüssel hat die internationale Konferenz „Die Europäische Union, die Türkei, der Mittlere Osten und die Kurden” begonnen. Der stellvertretende EP-Präsident Papadimoulis forderte Sanktionen gegen die Türkei, Kritik allein reiche nicht aus.

Im Europaparlament in Brüssel findet zum 16. Mal die internationale Konferenz „Die Europäische Union, die Türkei, der Mittlere Osten und die Kurden” statt. Die zweitägige Konferenz wird von der EU-Turkey Civic Commission (EUTCC), den Fraktionen GUE/NGL, The Greens | European Free Alliance, den Socialists & Democrats und dem Kurdischen Institut Brüssel organisiert.

Wie in den Jahren zuvor findet die Konferenz unter der Schirmherrschaft vieler namhafter Personen statt. Darunter sind unter anderem der südafrikanische Gelehrte und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, die iranische Menschenrechtsaktivistin Şirin Ebadi, Bianca Jagger als Friedensbotschafterin des Europarates und Präsidentin der Human Rights Foundation, der weltbekannte Linguist Noam Chomsky und die ehemalige HDP-Abgeordnete und Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana.

Westrheim: EU darf sich nicht erpressen lassen

Die EUTCC-Vorsitzende Kariane Westrheim ging in ihrer Eröffnungsrede auf die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU ein und forderte, dass sich die EU im Zusammenhang mit der Flüchtlingsfrage nicht von der türkischen Regierung erpressen lassen dürfe. Sie verwies auf die Situation in Nordsyrien vor der türkischen Invasion und sagte, Rojava sei eine „Oase des Friedens“ in der Region gewesen und habe zahlreichen Schutzsuchenden einen Zufluchtsort geboten. „Mit der türkischen Besatzung wird das Völkerrecht gebrochen. Der türkische Präsident hat seine Absicht einer ethnischen Säuberung nicht verheimlicht. Durch die Invasion sind über 300.000 Menschen vertrieben worden. Es wird ein neuer arabischer Gürtel aufgebaut. Dabei handelt es sich um eine ethnische Säuberung“, sagte die norwegische Wissenschaftlerin.

Westrheim forderte außerdem eine internationale Anerkennung der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien und die Freilassung Abdullah Öcalans.

Villumsen: Erdoğan ist nicht so stark wie er tut

Der dänische EU-Parlamentarier Nikolaj Villumsen (GUE/NGL) bezeichnete in seinem Redebeitrag die kürzlich erfolgte Gerichtsentscheidung in Belgien, dass die PKK keine Terrororganisation ist, als „sehr wichtigen Schritt“. Erdoğan sei längst nicht so stark, wie er sich zeige, wirtschaftlich sei er von Europa abhängig. Daher könne ihn wirtschaftlicher Druck in die Knie zwingen.

Schieder: Internationale Friedenstruppe für Nordsyrien

Der österreichische Europaparlamentsabgeordnete Andreas Schieder, der vor kurzem in Nordsyrien war, bezeichnete das Gesellschaftsmodell in Rojava als einen „Erfolg, der zu Stabilität und Frieden“ geführt habe. Er berichtete von den Problemen, die durch die türkische Invasion in der Region entstanden sind, und sprach von Zwangsvertreibungen und einer humanitären Katastrophe. In der aktuellen Situation sei humanitäre Hilfe dringend erforderlich. Schieder forderte die Einbeziehung der Kurden in das syrische Verfassungskomitee und den Einsatz einer internationalen Friedenstruppe in Nordsyrien, um den von Erdoğan forcierten Bevölkerungsaustausch zu verhindern.

Alfonsi: PKK von der Terrorliste streichen

Der französische EU-Abgeordnete François Alfonsi bezeichnete den kurdischen Befreiungskampf als „beispielhaft“ und betonte, dass den Kurden die Fortschritte im Kampf gegen den IS zu verdanken seien. Die PKK müsse von der EU-Terrorliste genommen werden. Die EU könne über wirtschaftlichen Druck auf die Türkei dazu beitragen, dass die türkische Regierung sich einem Dialog für die Entstehung von Frieden und Demokratie öffnen müsse.

Papadimoulis: Kritik reicht nicht, erforderlich sind Sanktionen

Die letzte Eröffnungsrede hielt der stellvertretende Präsident des Europaparlaments, Dimitrios Papadimoulis. Der griechische Parlamentarier verwies darauf, dass die EU die türkische Invasion in Syrien verurteilt habe und auch das Europaparlament einen entsprechenden Beschluss gefasst habe: „Aber das reicht nicht aus. Es müssen härtere Maßnahmen getroffen und Sanktionen ausgesprochen werden.“

Nach den Eröffnungsreden wird die Konferenz mit Sitzungen zu den Themen „Druck und Widerstand in der Türkei“ und „Beziehungen zwischen der Türkei und der EU“ fortgesetzt. Morgen geht es um die Situation in Rojava, die neoosmanischen Bestrebungen der Türkei, die Rolle Europas im Mittleren Osten, die kurdischen Lösungsvorschläge und alternative Methoden. Parlamentarier, Wissenschaftler, Journalisten und Akademiker aus Ägypten, Ecuador und Europa werden zu diesen Themen referieren.