TJA-Aktivistin in Haft nackt durchsucht

Die TJA-Aktivistin Seyhan Başak ist im Gefängnis in Colemêrg misshandelt und nackt durchsucht worden.

Die kurdische Aktivistin Seyhan Başak ist im Gefängnis in Colemêrg (tr. Hakkari) geschlagen und einer Nacktdurchsuchung unterzogen worden. Das äußerten ihre Angehörigen und ihr Rechtsbeistand gegenüber der Frauennachrichtenagentur JinNews. Seyhan Başak ist Aktivistin der Bewegung freier Frauen (ku. Tevgera Jinên Azad, TJA). Am 25. März wurde sie in Êlih (Batman) aufgrund eines in Colemêrg geführten Ermittlungsverfahrens festgenommen. Nach sechs Tagen in Polizeigewahrsam ordnete ein Gericht in Colemêrg am vergangenen Mittwoch Untersuchungshaft gegen Başak an. Der Aktivistin wird Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Die Hintergründe des Verfahrens sind noch unklar.

Wie JinNews berichtet, wurde Başak bei der Überstellung in das Gefängnis zur gewaltsam Nacktdurchsuchung gezwungen. Weil sie sich gegen die entwürdigende Behandlung zur Wehr setzte, sei sie vom Wachpersonal gewaltsam entkleidet und durchsucht worden. Ihr Körper weise an mehreren Stellen Misshandlungsspuren auf. Die Aktivistin habe angekündigt, gegen die zuständigen Behörden rechtliche Schritte einzuleiten, „damit die Folter nicht ungestraft bleibt“.

Nacktdurchsuchung als Foltermethode 

Auch wenn es von der türkischen Regierung geleugnet wird; die sogenannte Leibesvisitation in Polizeigewahrsam und in Haft hat sich im letzten Jahrzehnt wieder als Foltermethode in der Türkei etabliert. Immer mehr Personen, insbesondere Frauen, sind von dieser erniedrigenden Behandlung betroffen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte (EGMR) bereits 2016 einen Fall von einer Nacktdurchsuchung in der Türkei als Rechtsverletzung verurteilt. Dies hielt das Regime in Ankara allerdings nicht davon ab, diese Praxis fortzusetzen.

Gergerlioğlu: Bewusste Bloßstellung der Opfer

Ende 2020 thematisierte der am Freitag verhaftete HDP-Politiker und Arzt Ömer Faruk Gergerlioğlu die Nacktdurchsuchungen in staatlichem Gewahrsam. In der westtürkischen Provinz Uşak war es im September 2020 zu einer Festnahmeoperation gegen vermeintliche Mitglieder der als FETÖ („Fethullahistische Terrororganisation”) in der Türkei verfolgten Bewegung des Predigers Fethullah Gülen gekommen. Etwa dreißig junge Frauen, größtenteils Studentinnen, wurden im Polizeipräsidium erniedrigenden Nacktdurchsuchungen unterzogen.

Gergerlioğlu war der erste, der von dem Skandal berichtete. Daraufhin brachte der 55-jährige Mediziner die Vorwürfe mehrmals im Parlament sowie in der parlamentarischen Menschenrechtskommission zur Sprache. Gergerlioğlu wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass es in türkischen Polizeiwachen und Haftanstalten regelmäßig zu Maßnahmen wie teils gewalttätigen Nacktdurchsuchungen komme, die sowohl Gefangene als auch Angehörige betreffen, und deren Umstände eine bewusste Bloßstellung der Opfer nahelegten.

Patriarchale Dominanz über die Frau

Die HDP-Politikerin Caize Yarici aus dem westtürkischen Aydin bezeichnet Nacktdurchsuchungen als „patriarchale Dominanz über die Frau“. Sie selbst hatte im Februar zwei erzwungene Nacktdurchsuchungen über sich ergehen lassen müssen, eine davon in ihrer eigenen Wohnung. Die weitaus demütigendere Nacktdurchsuchung erfolgte wenig später auf dem Polizeipräsidium. Yarici gehört dem Vorstand des HDP-Provinzverbands in Aydin an. Zusammen mit zwölf weiteren Frauen aus den Strukturen der HDP war sie festgenommen worden und befand sich vier Tage in Gewahrsam. Inzwischen hat sie Anzeige gegen die Polizei erstattet. Auch mehrere Studierende der Boğaziçi-Universität in Istanbul, die im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Ernennung eines AKP-Politikers zum Rektor der Hochschule festgenommen worden waren, berichteten von gewaltsamen Nacktdurchsuchungen auf Polizeirevieren.