In Izmir ist am Freitag eine Solidaritätskundgebung für die Studierenden der Istanbuler Boğaziçi- Universität von der Polizei angegriffen worden. 26 Personen wurden festgenommen und nach der Gesundheitskontrolle im Krankenhaus auf die Polizeidirektion der Provinzhauptstadt gebracht. Im Polizeigewahrsam sind zwei junge Frauen zu einer Nacktdurchsuchung gezwungen worden. Das teilten die Betroffenen ihrem Rechtsbeistand mit. Die beiden Frauen wollen Anzeige erstatten.
Das Thema der Nacktdurchsuchungen ist durch die Polizeiübergriffe auf die Studierenden der Boğaziçi-Universität erneut auf die Tagesordnung gelangt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits 2016 einen Fall von einer Nacktdurchsuchung in der Türkei als Rechtsverletzung verurteilt. Dies hielt das Regime in Ankara allerdings nicht davon ab, diese Praxis fortzusetzen.
Ende 2020 thematisierte der HDP-Abgeordnete und Arzt Ömer Faruk Gergerlioğlu die Nacktdurchsuchungen in staatlichem Gewahrsam. In der westtürkischen Provinz Uşak war es im September zu einer Festnahmeoperation gegen vermeintliche Mitglieder der als FETÖ („Fethullahistische Terrororganisation”) in der Türkei verfolgten Bewegung des Predigers Fethullah Gülen gekommen. Etwa dreißig junge Frauen, größtenteils Studentinnen, wurden Gergerlioğlu zufolge im Polizeipräsidium erniedrigenden Nacktdurchsuchungen unterzogen. Der Politiker war der erste, der von dem Skandal berichtete.
Daraufhin brachte der 55-jährige Mediziner die Vorwürfe mehrmals im Parlament sowie in der parlamentarischen Menschenrechtskommission zur Sprache. Gergerlioğlu wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass es in türkischen Polizeiwachen und Haftanstalten regelmäßig zu Maßnahmen wie teils gewalttätigen Nacktdurchsuchungen komme, die sowohl Gefangene als auch Angehörige betreffen, und deren Umstände eine bewusste Bloßstellung der Opfer nahelegten.