Vor 28 Jahren, am 25. Oktober 1992, ist die Guerillakommandantin Bêrîtan (Gülnaz Karataş) in Südkurdistan gefallen. Anlässlich des Jahrestages erinnert die Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (Komalên Jinên Kurdistanê, KJK) an Bêrîtan, die zu einem Symbol des Frauenbefreiungskampfes und des unbeugsamen Willens kurdischer Frauen geworden ist, sich niemals zu ergeben.
Der „Südkrieg“, in dem Bêrîtan ums Leben kam, brach nach der Proklamierung der Autonomen Region Kurdistan vom 4. Oktober 1992 aus. Als regionale und globale Akteure, allen voran der türkische Staat, einem föderalen System in Südkurdistan grünes Licht gaben, wurde als Gegenleistung von den südkurdischen Parteien YNK und PDK der gemeinsame Krieg gegen die PKK gefordert. In der Folge zogen die Kräfte Südkurdistans an der Seite der türkischen Armee in den Krieg gegen die PKK-Guerilla. Das Ziel bestand darin, die kurdische Guerilla vor allem aus den Regionen Heftanîn, Zap und Xakurke zu drängen. Doch das in der Geschichte Kurdistans immer wiederkehrende Phänomen, bei dem Verrat und Widerstand stets parallel zueinanderstehen, sollte auch hier zum Vorschein treten.
Von Peschmerga-Kämpfern der PDK in Xakurke eingekreist, verweigerte sich Bêrîtan der Aufforderung zur Kapitulation. Sie kämpfte bis zur letzten Kugel, zerstörte daraufhin ihre Waffe und sprang von einem Felsen in den Tod, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Ihre Aktion gilt seitdem als Beispiel der Entschlossenheit gegen den Verrat und als Auslöser der autonomen Organisierung kurdischer Frauen innerhalb der PKK. Kurz nach ihrem Tod wurden die ersten Schritte zur Gründung einer Frauenarmee eingeleitet.
Weltweit bekannt wurde die Guerillakommandantin durch den 2006 von Halil Uysal (Halil Dağ) gedrehten Spielfilm „Bêrîtan“. Während der Dreharbeiten an Originalschauplätzen wurde das bisher unbekannte Grab Bêrîtans entdeckt. Die Exhumierung und Überführung ihrer sterblichen Überreste in ein neues Grab rahmen die Spielfilmhandlung ein und verleihen „Bêrîtan“ einen noch authentischeren Charakter.
Gülnaz Karataş alias Bêrîtan (Mitte), 1991, Çiyayê Cûdî/Bakur © Serxwebûn/ANF
Die KJK schreibt in ihrer Erklärung im Gedenken an Bêrîtan: „Unser Befreiungskampf hat sich mit dem legendären Widerstand Tausender gefallener Frauen entwickelt. Der Oktober ist ein Monat, in dem besonders viele Frauen gefallen sind. Wir gedenken Gülnaz Karataş, Azime, Berwar, Rewşen, Gurbetelli Ersöz, Meryem Çolak, Çiçek Gabar, Zinarîn Derik, Arîn Mîrkan, Gülnaz Ege, Çerkez Hêlîn, Canda Türk, Andrea Wolf, Lêgerîn Arjantin, Hevrîn Xelef, Rojîn Gevda und allen Gefallenen Kurdistans voller Respekt.“
Mit ihrer Haltung gegen den Verrat und die Kollaboration sei Bêrîtan zu einer Quelle der Inspiration und Kraft für die Gründung der Frauenarmee geworden. Ihr Widerstand gegen die Kapitulation repräsentiere das Wesen der Frauenbefreiungslinie. „Auch heute ist es für kurdische Frauen eine überlebensnotwendige Aufgabe, sich gegen die Linie der Kollaboration und des Verrats zur Wehr zu setzen. Mit dem schmutzigen Abkommen zu Şengal will die PDK auch heute die gleiche Rolle spielen. Dagegen gilt für kurdische Frauen in Kurdistan, im Mittleren Osten und auf der Welt Bêrîtans Widerstand als Grundsatz, um den Kampf zu verstärken.“
Der seit über vier Monaten andauernde Widerstand der Frauenguerilla YJA-Star bei der Verteidigung von Heftanîn gegen die mit kurdischen Kollaborateuren geführte türkische Invasion sei eine Fortsetzung der Haltung Bêrîtans, schreibt die KJK und ruft dazu auf, im Rahmen der von ihr ausgerufenen Offensive „Wir verteidigen die freie Frau und Gesellschaft gegen den Feminizid“ eine Einheit der Frauen weltweit zu schaffen und gemeinsam zu kämpfen.