Gemeinsam Kämpfen: Veranstaltung zu IS-Rückkehrer:innen

Im feministischen Café von „Gemeinsam Kämpfen“ in Hamburg wurde über die Prozesse gegen IS-Rückkehrer:innen in Deutschland und die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung informiert.

Das Thema des monatlichen feministischen Cafés von „Gemeinsam Kämpfen“ in Hamburg war am Montagabend die Notwendigkeit einer feministischen Perspektive auf den sogenannten Islamischen Staat (IS) und die Prozesse von IS-Rückkehrer:innen in Deutschland. Den Vortrag hielt eine Prozessbeobachterin aus Hamburg.

Zunächst wurde darauf eingegangen, warum es notwendig ist, sich in Deutschland mit diesen Prozessen auseinanderzusetzen, sie zu begleiten und Öffentlichkeit zu schaffen. Die Referentin erklärte, die Thematik sei in den Mainstream-Medien nicht präsent und wenn darüber berichtet wird, fehlt meist eine globale Dimension. Die Berichterstattung werde der Dramatik der Situation nicht gerecht und ignoriere die Notwendigkeit, sich auch hier in Deutschland mit der Thematik auseinandersetzen zu müssen. Zu wenig Beachtung finde die Beteiligung der deutschen Politik in den Gebieten, in denen der IS sich verbreitet habe, sowie die Beteiligung von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die sich der Terrorgruppe angeschlossen haben. Vor allem die Tötung und Versklavung von Ezid:innen durch den sogenannten IS finden kaum Beachtung.

Eine differenzierte Erklärung der Begriffe Islamismus, Salafismus und Dschihadismus leitete in die Hintergründe, Entstehung und Ausbreitung des IS ein. Dabei wurde aufgezeigt, wie die Ideologie des IS auch von rechten Bewegungen und Schriften aus Europa inspiriert werden. Die wesentlichen Aspekte der kurzen historischen Einbettung auf der Veranstaltung waren die Einflüsse der türkischen Regierung zur Ausbreitung und Erstarkung des IS im Irak und Syrien. Dabei wurde der IS mehrheitlich von kurdischen Kräften bekämpft, welche wiederum vom türkischen Militär angegriffen wurden und werden.

Auch aus dem Ausland schließen sich islamistisch Radikalisierte dem IS an, um für die islamistische Ideologie zu kämpfen. Zumindest bei den Anhänger:innen aus Deutschland ist dabei kein einheitliches sozio-ökonomisches Profil zu erkennen. Es bleibt aber wichtig zu analysieren, wer sich wo radikalisiert und warum. Bis zum Sommer 2014 waren es mehrheitlich Männer, die sich dem IS anschlossen. Seitdem gibt es einen Anstieg an Frauen, die ausreisen, um sich dem IS anzuschließen.

Die Rolle von Frauen wird in den IS-Strukturen auf die Reproduktion reduziert. Der Körper der Frau ist der Besitz von Männern, ihre Hauptverantwortlichkeit ist die Rolle als Ehefrau, das Ermöglichen des Familienlebens und das Gebären und die Erziehung der Kinder. Ungläubige oder andersgläubige Frauen werden verschleppt, versklavt und getötet. Die Frauen übernehmen keine Kampfhandlungen, aber sie übernehmen Verantwortung in den Strukturen. Ihre Aufgaben liegen in der Rekrutierung neuer Personen/Frauen, also der Propaganda und Anwerbung für den IS. Außerdem gibt es Frauenbrigaden, die in der Logistik, bei der Finanzierung (Geldeintreiben) und der Sittenpolizei tätig sind. Seit 2016 gibt es auch eine Kampfeinheit.

Es ist offensichtlich, dass es eine feministische und antinationale Haltung zum sogenannten IS geben muss. Entgegen den antifeministischen und menschenverachtenden Angriffen steht die Prozessbeobachtungsgruppe für Selbstbestimmung und Emanzipation, Differenz und Vielfalt. Dabei reicht es nicht, nur die Ideologie des IS zu kritisieren. Gegenstand der Kritikk müssen jegliche staatliche Finanzierung und Unterstützung islamistischer Gruppierungen (Türkei, Qatar) und Waffen- und Rüstungsexporte (Deutschland, Türkei, Saudi-Arabien) sein, die oftmals in den Händen des IS landen.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass die autonomen Gebiete in Nord- und Ostsyrien schon lange eine internationale Auseinandersetzung, Unterstützung und Verantwortung im Kampf gegen den IS und mit den (ausländischen) IS-Gefangenen fordern. Die Hauptforderung ist die Anerkennung der Demokratischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien, sowie ein internationales Tribunal für die IS-Verbrechen.

Die Beobachtung der Prozesse gegen IS-Rückkehrer:innen in Deutschland soll aus dieser politischen Haltung heraus betrieben werden. Ziel ist es, eine Öffentlichkeit für diese Thematik herzustellen und das Bild, welches durch die Verteidigung in den Prozessen über die Rolle der Frauen im IS dargestellt wird, zu berichtigen. Oft wird impliziert, dass Frauen unschuldige Opfer der islamistischen Strukturen sind, keine Macht- und Handlungsmöglichkeiten haben und nichts über die Gräueltaten wissen würden.

Aktuell wird in Hamburg bereits das vierte Verfahren beobachtet, der Prozess gegen Stephanie A. Es ist davon auszugehen, dass weitere folgen werden. Bisher gibt es noch keinen offiziellen Umgang der deutschen Regierung und Justiz mit deutschen IS-Anhänger:innen und Rückkehrer:innen.