Senkung der Wahlhürde als Rettungsring für die MHP

In der Türkei ist einst eine Wahlhürde von zehn Prozent eingeführt worden, um den Einzug kurdischer und linker Parteien ins Parlament zu verhindern. Jetzt soll die Hürde als Rettungsring für die faschistische MHP gesenkt werden.

Die türkische Regierung will die Wahlhürde von zehn Prozent auf sieben Prozent senken, um dem kleinen Koalitionspartner MHP bei den nächsten Wahlen den Einzug ins Parlament zu sichern. Die HDP-Vizefraktionsvorsitzende Meral Danış Beştaş bezeichnet die Initiative als „Rettungsring“ für die faschistische MHP und erklärt gegenüber ANF, dass ihre Partei keinen Bedarf nach einer Senkung der Wahlhürde hat: „Wir sind eine Partei, die bis zu 15 Prozent der Stimmen erzielen kann und unter normalen Bedingungen sogar 20 Prozent mit Leichtigkeit erreichen könnte. Für eine Koalition sind wir trotzdem immer offen gewesen und werden das auch künftig sein.“

Die Abgeordnete und Juristin weist darauf hin, dass Regierungsparteien weltweit Gesetzesänderungen vornehmen, wenn ihnen bei den kommenden Wahlen eine Niederlage droht. In der Türkei sei zu diesem Zweck ein Ausschuss gegründet worden: „Die Koalitionspartner spielen mit dem Wahlgesetz, um ihre verlorene Stärke zurückzugewinnen. Ihre Regierungsfähigkeit haben sie ohnehin schon verloren. Auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet, in der Frauenfrage und in der kurdischen Frage, überall gibt es große Probleme, die die Regierung nicht zu lösen vermag. Sie will das Wahlgesetz seit über zwei Jahren ändern und hat zuletzt erklärt, dass die Wahlhürde gesenkt werden soll.“

Ironie der Geschichte“

Dass diese angekündigte Änderung die MHP retten solle, sei eine allgemein bekannte Tatsache, so Meral Danış Beştaş: „Bei allen Umfragen hat sich gezeigt, dass die MHP momentan an der Wahlhürde scheitern würde. Dahinter steht natürlich eine gewisse Ironie der Geschichte, denn die Wahlhürde ist für uns eingerichtet worden. Sie wurde eingeführt, um zu verhindern, dass das kurdische Volk und linke, demokratische und sozialistische Kreise im Parlament vertreten sind. Inzwischen sind nicht mehr wir es, die an der Hürde scheitern, sondern die MHP. Deshalb soll sie jetzt gesenkt werden. Es handelt sich um einen Rettungsring für den kleinen Koalitionspartner.“

Zu der laufenden Debatte über mögliche Wahlbündnisse erklärt Beştaş, dass die HDP die drittgrößte Partei in der Türkei ist. „Wir haben kein Bündnis und auch keinen Bedarf danach. Wir sind eine Partei, die alleine bis zu 15 Prozent der Stimmen bekommen kann und unter normalen Umständen sogar 20 Prozent erzielen würde. Deshalb fordern wir auch kein Bündnis mit irgendwem. Wir konzentrieren uns vollständig darauf, unsere Partei zu stärken und die durch Verhaftungen geschwächten Ortsverbände zu erneuern. Den ganzen Sommer über haben wir im Rahmen der Kampagne ,Wir sind die HDP, wir sind überall' Zusammentreffen mit der Bevölkerung veranstaltet und daraus große Kraft gezogen. Wir haben ein weiteres Mal die Erfahrung gemacht, dass die Menschen mit großem Enthusiasmus hinter uns stehen.“ Trotzdem sei die HDP prinzipiell offen für Koalitionen.