Der HDP-Vorsitzende Mithat Sancar hat sich auf seiner Rundreise durch Nordkurdistan zur aktuellen Situation in der Türkei und dem Verbotsverfahren gegen seine Partei geäußert. An die Regierungspartei AKP gerichtet erklärte der Politiker: „Wir verfügen über die Stärke, diesen Kampf überall und auf allen Gebieten fortzusetzen.“ Der politischen Opposition vermittelte er: „Ohne die HDP einzubeziehen, kann dieses kaputte System nicht verändert werden.“
Sancar war am Samstag im Rahmen der Kampagne „Zeit für Freiheit“ in der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak). Die Kampagne wird von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) zusammen mit ihrer Schwesterpartei DBP, der Frauenbewegung TJA und der zivilgesellschaftlichen Dachorganisation KCD (tr. DTK: Demokratischer Gesellschaftskongress) geführt. In der Provinzhauptstadt hielt Sancar eine Ansprache vor Tausenden Menschen, in der er auf die kritischen Entwicklungen in der Türkei einging: „In diesem Land hat es viele kritische Zeiten gegeben, aber wir bewegen uns auf das Finale zu. Entweder es gelingt uns, den Weg für Demokratie, Frieden und Gerechtigkeit zu öffnen, oder das finstere System wird noch eine Weile länger herrschen. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass wir über die Stärke verfügen, das System zu ändern. Von der Repression lassen wir uns nicht einschüchtern. Wir wachen jeden Tag mit der Nachricht von weiteren Festnahmen auf, aber wenn Dutzende Menschen festgenommen werden, übernehmen Hunderte und Tausende Menschen ihren Kampf und setzen den Weg fort.
Als wir heute durch die Ortschaft Karalar gefahren sind, haben etwas gesehen, das eine Erklärung liefert für alle, die wissen wollen, was die HDP ausmacht. Seit zehn Jahren hat eine Familie in Karalar aus ihrem Haus eine HDP-Zentrale gemacht und den Ko-Vorsitz der örtlichen HDP übernommen. Wenn die HDP verboten wird, schließen wir unsere Zentrale in Ankara und gehen nach Karalar. Wir gehen in alle Dörfer dieses Landes, denn wir haben die Kraft, diesen Kampf überall, auf allen Gebieten und allen Straßen fortzusetzen. Das sollten alle einberechnen.“
Die HDP setze weiter auf ein Bündnis aller demokratischen Kräfte, erklärte Sancar: „Wir werden manchmal gefragt, was wir mit einem Demokratiebündnis meinen. Damit meinen wir eine Allianz aller Kräfte, die eine Lösung für die festgefahrene Situation wollen. Die wesentlichen Probleme in diesem Land basieren auf der ungelösten kurdischen Frage. Die Mafia-Strukturen innerhalb des Staates, die Profitgier und die Vertuschung der Ausbeutung sind nur möglich, weil eine politische Lösung verweigert wird. Gegen diese Politik der Lösungsverweigerung setzen wir ein Bündnis für eine Lösung. Wir stehen einem Block gegenüber, der dieses Land mit seiner Kriegspolitik zu regieren versucht. Es wird versucht, aus dem Krieg Profit zu schlagen. In Syrien, Libyen, Afghanistan, überall, wo Blut vergossen wird, will das Palastregime der Erdogan-Regierung davon profitieren. Deshalb wollen wir gegen diesen Kriegsblock ein Friedensbündnis gründen.“
Gleichermaßen gehe es der HDP darum, gegen die patriarchale Machtpolitik auf Frauenbefreiung zu setzen. Um mögliche Lösungswege festzulegen, befinde sich die HDP im intensiven Austausch mit der Parteibasis und der gesamten Bevölkerung, sagte Sancar weiter in seiner Rede. Der grundsätzliche Weg stehe jedoch bereits fest: „Es ist der Weg der Freiheit, der Demokratie und des Friedens. Ohne die HDP und einen gemeinsamen Willen der Völker kann es in diesem Land keine Veränderung geben. Ohne die HDP einzubeziehen, ist es nicht möglich, diese kaputte Ordnung zu verändern. Nur zusammen mit der HDP können Krieg, Ausbeutung und Blutvergießen beendet werden. Ohne uns gibt es keine Lösung.“