DBP wählt neues Spitzenduo

Die DBP hat eine neue genderparitätische Doppelsitze gewählt, die fortan aus Çiğdem Kılıçgün Uçar und Keskin Bayındır besteht.

Die DBP hat auf einem außerordentlichen Kongress in Ankara ihre neue Parteispitze gewählt, die stets aus einer Frau und einem Mann gebildet wird. Die Delegierten bestätigten den 39 Jahre alten Keskin Bayındır als einen der Vorsitzenden und wählten die 45-jährige Çiğdem Kılıçgün Uçar als neue Ko-Chefin der Partei. Uçar tritt damit die Nachfolge von Saliha Aydeniz an. Mit dem Wechsel an der Spitze bereitet sich die Partei auch auf die im kommenden Jahr geplante Kommunalwahl vor.

Wer ist Çiğdem Kılıçgün Uçar?

Die alevitische Kurdin Çiğdem Kılıçgün Uçar wurde 1978 in Ezirgan (tr. Erzincan) geboren, ihre Muttersprache ist Kirmanckî. Diese Varietät des Kurdischen wird auch Zazakî, Dimilkî oder Kirdkî genannt. Sie ist studierte Geschichtswissenschaftlerin und seit 1999 in der aktiven Politik. 2009, als die noch im selben Jahr verbotene Partei DTP das System der genderparitätischen Doppelspitze auch auf kommunaler Ebene einführte, wurde Kılıçgün Uçar zur ersten Ko-Vorsitzenden des Provinzverbands Istanbul gewählt. Das System des Ko-Vorsitzes in die Politik führte die DTP bereits 2005 ein.

Kılıçgün Uçar kämpft seit Jahren für Frauenrechte und Gleichberechtigung in allen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereichen. Sie ist seit ihrer Zeit an der Universität Istanbul gegen Gewalt an Frauen aktiv und zählt zu den Mitbegründerinnen der Frauensolidarität Sultangazi. Sie arbeitete an Strategien zur Verhinderung von patriarchaler Gewalt gegen Frauen mit, die später in Gesetzestexte eingeflossen sind, die für die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen relevant sind. Zwischen 2009 und 2011 saß sie rund zweieinhalb Jahre im Rahmen der sogenannten KCK-Operationen unter Terrorismusvorwürfen im Frauengefängnis Bakırköy.

Nach ihrer Entlassung wirkte Kılıçgün Uçar an der Gründung der HDP mit, die 2012 aus einem Verbund kleinerer linker türkischer und pro-kurdischer Parteien sowie Organisationen wie der LGBTIQ-Bewegung und der Ökologie-Bewegung als Dachpartei aller Völker, unterdrückter Klassen, ethnischen, kulturellen, religiösen und geschlechtsspezifischen Gruppen gegründet wurde. Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Mai kandidierte sie für die YSP (Grüne Linkspartei) um einen Platz in der türkischen Nationalversammlung und holte sich ein Mandat, zudem war sie Ko-Sprecherin der Partei. Seit Mitte Oktober nennt sich die YSP „Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie“ (HEDEP). 

Wer ist Keskin Bayındır?

Der kurdische Politiker Keskin Bayındır ist 1984 in Sason in der Provinz Êlih (Batman) geboren, hat Lehramt studiert und war viele Jahre in der Gewerkschaftsarbeit tätig. 2016 wurde er im Zuge des mutmaßlich vorgetäuschten Pseudo-Putschs wie abertausende Staatsbedienstete auch von seinem Amt als Lehrer suspendiert. Grundlage dafür war ein sogenanntes KHK, das für „Kanun Hükmünde Kararname“, zu Deutsch „Notstandsdekret mit Gesetzeskraft“ steht.

Politisiert wurde Keskin Bayındır im Zuge der staatlichen Unterdrückung in Kurdistan und saß sich zunächst noch als politischer Aktivist. Mehrere Jahre war er Mitglied des Parteirats der HDP, zur Doppelspitze der DBP gehört er seit Ende 2019. Im Dezember 2022 wurde Bayındır als vermeintliches Mitglied einer bewaffneten Terrororganisation – gemeint ist die Arbeiterpartei Kurdistans PKK – verhaftet. Am ersten Prozesstag im vergangenen März wurde er zwar wieder freigelassen, das Verfahren ist aber weiter anhängig. In die türkische Nationalversammlung wurde er gleichermaßen wie Çiğdem Kılıçgün Uçar im Mai gewählt.  

Die Partei der demokratischen Regionen

Die DBP (Partei der demokratischen Regionen) ist eine Schwesterpartei der HDP, gegen die ein Verbotsverfahren läuft. Während sich die HDP und auch die aus der YSP hervorgegangene HEDEP als Parteien der gesamten Türkei verstehen, liegt der Fokus der DBP auf den kurdischen Provinzen. Die DBP ist im Juli 2014 durch Umbenennung der Partei des Friedens und der Demokratie (BDP) entstanden. Ihr erklärtes Ziel ist die Vertretung der Interessen der kurdischen Bevölkerung und eine Dezentralisierung der Türkei.