Polizei umstellt HDP-Zentrale in Ankara

Die türkische Polizei hat die Parteizentrale der HDP in Ankara umstellt. Die Mitarbeiter:innen der Partei werden am Betreten des Gebäudes gehindert.

Das Gebäude der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Ankara ist von der Polizei umstellt worden, Mitarbeiter:innen und Mitglieder der Partei werden nicht vorgelassen. Heute soll eine inszenierte Kundgebung von Familienangehörigen von Guerillakämpfer:innen vor der HDP stattfinden. Die „Kundgebung“ ist ein Ableger der staatlichen Provokation vor dem HDP-Gebäude in Amed (tr. Diyarbakır). Dort versammelten sich auf Druck staatlicher Stellen einige Angehörige von Guerillakämpfer:innen und fordern ihre Kinder von der HDP zurück. Viele Familien von Guerillakämpfer:innen berichten, dass sie von Agenten des Geheimdienstes MIT und der Militärpolizei unter Druck gesetzt worden sind, um sie ebenfalls zur Teilnahme zu bewegen. Von dem Protest in Amed gingen immer wieder Provokationen und Angriffe auf Besucher:innen des HDP-Gebäudes aus. Diese Attacken wurden von der Polizei aktiv unterstützt. Offenbar soll nun an der HDP-Zentrale in Ankara eine ähnliche Provokation stattfinden.

Der HDP-Abgeordnete Mehmet Rüştü Tiryaki erklärte vor dem abgesperrten Gebäude: „Wir haben erfahren, dass sie hier eine Erklärung abgeben und einen Kranz niederlegen wollen und dass sie darüber nachdenken, hier einen Sitzstreik zu starten. Sie werden unsere Arbeit als Partei behindern. Also kamen wir zur Zentrale und erklärten, dass wir das nicht zulassen werden. Sie werden nicht lange vor unserem Gebäude stehenbleiben, ein oder zwei Leute werden kommen, Kränze niederlegen und gehen. Wir warten im Gebäude. Wenn sie etwas darüber hinaus versuchen, wenn so etwas ihr Ziel ist, dann werden wir das stoppen."

Protestkundgebung“ als Mittel des Spezialkriegs

Der türkische Staat benutzt auch vermeintliche Protestaktionen als Mittel des Spezialkriegs gegen die kurdische Freiheitsbewegung. In einer absurden Verkehrung der Initiative der Friedensmütter lässt das Regime seit dem 3. September 2019 einen „Protest“ vor der Zentrale der HDP in Amed stattfinden, bei dem etwa 10 bis 15 Angehörige von Guerillakämpfer:innen von der HDP ihre Söhne und Töchter „zurückfordern“. Durch diese Aktion soll eine Verbindung zwischen HDP und Guerilla hergestellt und die Partei kriminalisiert werden. Bei der Dauerkundgebung handelt es sich um keinen zivilen Protest, sondern um eine vom Innenministerium konzertierte Aktion. Die „Protestierenden“ werden immer wieder auf ähnliche Weise vor das HDP-Gebäude gebracht. Sie werden vom Innenministerium oder der Polizei angerufen und ihnen wird gesagt, ihre Kinder seien „in die Berge entführt worden“, ihnen wird Geld versprochen oder sie werden unter Druck gesetzt.

Bei den „Protestierenden“ handelt es sich in der Regel um die gleichen Personen. Um ihre Anzahl zu steigern, versuchen Sonderabteilungen des Innenministeriums mit allen Mitteln, mehr Angehörige zu mobilisieren. Eine der Frauen, die so durch Zwang vor das HDP-Gebäude gebracht worden waren, war die 80-jährige Halime Başal aus dem Dorf Besewan (Karabağ) in der nordkurdischen Provinz Sêrt (Siirt). Ihr Sohn Zahir Başal kämpft seit 1992 in der Guerilla. Sie hat einen weiteren Sohn, der als Dorfvorsteher arbeitet. Anfang März erhielt sie Besuch von einigen Beamten. Sie drohten der 80-Jährigen, anstelle ihres Sohnes einen Zwangsverwalter einzusetzen, wenn sie nicht an der Aktion vor dem HDP-Gebäude teilnehme. Aufgrund dieser Drohungen ließ sich Başal dazu zwingen, sich vor das HDP-Gebäude zu setzen. Nach zwei Tagen wollte sie zurück. Ihr wurde erneut mit der Absetzung ihres Sohnes gedroht und Geld angeboten. Trotz allem kehrte sie in ihr Dorf zurück.