Der türkische Staat versucht, die Angehörigen von Guerillakämpfer*innen durch Erpressung, Bestechung und falsche Versprechungen für seine psychologische Kriegsführung einzuspannen. So wurden Angehörige von Guerillakämpfer*innen vor das Gebäude der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Amed (tr. Diyarbakır) gesetzt, um die „Rückkehr“ von ihren Söhnen oder Töchtern zu fordern. Immer wieder kommt es aus der Gruppe auch zu Übergriffen auf HDP-Vertreter*innen und Besucher*innen des Gebäudes. Die „zurückgeforderten“ Guerillakämpfer*innen äußern sich deutlich zu den Forderungen der Familienangehörigen. So auch der Kämpfer Alîşêr Agîr Amed, dessen Familie sich ebenfalls vor dem HDP-Gebäude niedergesetzt hat.
„Ich beschloss die Waffe zu ergreifen, um gegen Verfolgung und Ungerechtigkeit zu kämpfen“
„Ich bin 2015 in die Guerilla eingetreten”, berichtet der Guerillakämpfer. „Als ich mein Land und mein Volk kennenlernte, als ich herausfand, unter welcher Herrschaft es sich befand, nachdem ich die Sklaverei und den Völkermord, die dem kurdischen Volk aufgezwungen wird, gesehen und kennengelernt hatte, trat ich der Partei bei. Als ich den Feind kennenlernte und den Faschismus begriff, mit dem der türkische Staat unser Volk zu beherrschen versucht, entwickelte sich in mir großer Hass und große Wut. Ich beschloss die Waffe zu ergreifen, um gegen diese Verfolgung und Ungerechtigkeit zu kämpfen. Auf dieser Grundlage bin ich der Partei beigetreten.
„Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug gegen den türkischen Staat kämpfen“
Rêber Apo hat uns Kurden und Kurdinnen aus dem Schlaf, in dem wir uns seit Jahrhunderten befanden, geweckt. Er hat uns das wirkliche Leben und den richtigen Weg gezeigt. Also schloss ich mich als junger Kurde, bewegt von den Ideen Öcalans, der Guerilla an. Dies ist einer der wichtigsten Faktoren, die zu meinem Beitritt geführt haben. Jetzt nehme ich als Guerillakämpfer und PKK-Kader an unserem rechtmäßigen Kampf gegen den türkischen Staat teil. Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug und dem letzten Tropfen meines Blutes gegen den Feind, den türkischen Kolonialismus und den Faschismus kämpfen.
„Unsere Familien und unser Volk sollten nicht auf den Staat hereinfallen“
Die feindliche Armee hat keinen Kampfeswillen mehr. Wir können mit Sicherheit sagen, dass ihr Wille und ihre Entschlossenheit zum Kampf gebrochen sind. Die Ergebnisse des Angriffs auf Gare haben diese Realität sehr gut verdeutlicht. Der türkische Staat versucht die öffentliche Wahrnehmung in der kurdischen und türkischen Gesellschaft zu beeinflussen, indem er seine Soldaten wissentlich mit abenteuerlichen Initiativen in den Tod schickt. Es geht alleine darum, die Öffentlichkeit zu täuschen. Das Regime beabsichtigt, mit seinem Krieg gegen uns eine Welle des Nationalismus zu erzeugen. Aber der Krieg des Regimes beruht ausschließlich auf Lügen.
„Sie verraten ihre Kinder“
Das Regime hat unsere Familien getäuscht und in einer ‚Mahnwache für die Kinder‘ vor das Gebäude der HDP gebracht. Sowohl unser Volk als auch unsere Familien sollten in dieser Hinsicht wachsam sein. Wir führen einen Krieg gegen den Feind und folgen unserer legitimen Sache. Unser Kampf gegen den türkischen Staat ist völlig gerechtfertigt. Wenn unsere Familien auf den Feind hereinfallen und sich an dessen Seite stellen und uns aufrufen, von unserem Weg abzuweichen, dann ist das ein schwerer Fehler, denn sie verraten ihre Kinder. Das muss ihnen allen klar sein. Es ist notwendig, den türkischen Staat gut zu analysieren und zu begreifen. Es sollte sich niemand davon täuschen lassen, wenn hier die Emotionalität von Familien ausgenutzt und mit ihr agitiert wird. Die Familien, die vor der HDP sitzen, sollten stattdessen gegen den Staat kämpfen. Das ist das moralisch und menschlich Richtige. Die Kinder zurückzufordern, ist nicht richtig. Es liegt an unseren Familien, ihren Kindern beizustehen und gegen diesen Feind zu kämpfen.
„Sie sollten unseren Willen nicht missachten oder unterschätzen“
Ich habe aus der Presse erfahren, dass auch meine Familie vor das HDP-Gebäude gegangen ist. Wir bitten unsere Familien, unsere gerechte Sache zu unterstützen. Wir sind der Partei aus unserem eigenen, freien Willen beigetreten. Wir haben uns aus unserem eigenen Willen heraus für das Guerillaleben entschieden. Sie sollten unseren Willen nicht missachten oder unterschätzen. Der türkische Staat tut so, als wären wir betrogen worden und seien deshalb der Organisation beigetreten. Er versucht, den gesellschaftlichen Diskurs in diese Richtung zu beeinflussen. Unsere Familien mögen sich maßgeblich an diesem Spiel des Regimes beteiligen, aber das bedeutet nicht, dass es wahr ist. Es zeigt nur, dass sie unseren Willen unterschätzen. Wir haben uns der Guerilla aus revolutionären Gefühlen, aus revolutionärem Willen, angeschlossen. Als PKK-Kader kämpfen wir für die Freiheit. Unsere Familien müssen diese Realität anerkennen.
Was ich von meiner eigenen Familie will, ist, dass sie sich von diesem Unrecht abwendet. Diese Situation ist für mich weder moralisch noch ethisch akzeptabel. Wir befinden uns im Krieg. Wenn sie sonst nichts machen können, dann sollen sie wenigstens für uns beten. Das wäre das Richtigste.
„Niemand wird uns von unserem Weg abbringen“
Die HDP ist eine Partei innerhalb des türkischen staatlichen Systems. Sie versucht, die Rechte des kurdischen und des türkischen Volkes durch einen demokratischen politischen Kampf zu verteidigen. Wir haben nichts mit der HDP zu tun. Eines muss doch klar sein: Weder die HDP noch irgendeine andere Kraft kann uns in die Bergen bringen oder uns von diesen Bergen herunterholen. Jeder sollte diese Wahrheit kennen. Es gibt keine Kraft, die uns von unserer Sache und der Revolution abbringen kann. Die Familien sollten diese Realität akzeptieren. Wenn sie kämpfen können, wenn sie zu uns stehen und das Notwendige tun, werden wir unser Land befreien, und dann werden alle Familien für immer wieder mit ihren Kindern vereint sein. Heute sind wir in unserem eigenen Land, in unseren eigenen Bergen. Unsere Berge sind wie unsere Mütter. Die Berge beschützen uns wie eine Mutter und bewahren uns. Wir kämpfen ohne Angst oder Zögern mit einem ruhigen Geist. So mögen alle unsere Mütter und Familien in Frieden leben und sich keine Sorgen haben. Wenn sie nichts für uns tun können, sollen sie wenigstens beten.“