Kurde aus Bayern in Iran abgeschoben
Nach zehn Jahren Leben in der Oberpfalz ist der Kurde Ebrahim Abdi Jenekanlo in den Iran abgeschoben worden. Dort droht ihm Haft und womöglich auch die Hinrichtung.
Nach zehn Jahren Leben in der Oberpfalz ist der Kurde Ebrahim Abdi Jenekanlo in den Iran abgeschoben worden. Dort droht ihm Haft und womöglich auch die Hinrichtung.
Der kurdische Flüchtling Ebrahim Abdi Jenekanlo ist diesen Freitag nach zehn Jahren Leben in der Oberpfalz in den Iran abgeschoben worden – trotz der Corona-Pandemie und der Menschenrechtslage vor Ort. Bei seiner Ankunft droht ihm Haft und womöglich auch die Todesstrafe. Insbesondere mit Blick auf die seit Wochen andauernde Verhaftungswelle gegen Aktivistinnen und Aktivisten der Zivilgesellschaft in Rojhilat zeigen sich Menschenrechtler*innen äußerst besorgt.
Ebrahim Abdi Jenekanlo stammt aus einer regimekritischen Familie im ostkurdischen Makû, die deswegen vielfach verfolgt wird. Ein Bruder sitzt seit 26 Jahren in einem iranischen Gefängnis, ein anderer wurde in Haft so massiv gefoltert, dass er seitdem gelähmt ist, ein dritter hat in Finnland Asyl bekommen, ein weiterer musste in den Irak flüchten. Auch Jenekanlos Mutter wurde in Haft gefoltert – und ist mittlerweile an den Folgen der ihr zugefügten Verletzungen gestorben. Jenekanlo selbst wurde vor seiner Flucht aus dem Iran aufgrund der Teilnahme an einer Demonstration inhaftiert und gefoltert. Nur mit Hilfe seiner Familie kam er frei, aus Angst vor einer erneuten Inhaftierung und Folter flüchtete er anschließend, so die Eichstätter Gruppe von Amnesty International.
Appell stößt auf taube Ohren
Nicht umsonst hatten Menschenrechtsgruppen und der Flüchtlingsrat Bayern an die Behörden appelliert, Jenekanlo als politisch verfolgten Menschen anzuerkennen und ihm Asyl zu gewähren. Dennoch haben ihn die bayerischen Behörden der Gefahr der Inhaftierung und der Hinrichtung ausgesetzt. Ebrahim Abdi Jenekanlo saß zuletzt in Eichstätt in Abschiebehaft, am Donnerstag wurde er zu einem Corona-Test an den Flughafen gebracht.
2019 und 2020 gab es bereits 48 Abschiebungen aus Deutschland in den Iran. Wie viele iranische Staatsangehörige seit Jahresbeginn vom Bundesgebiet in die Hände des Mullah-Regimes ausgeflogen wurden, ist nicht bekannt. Nach Angaben der kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw machen Kurden ein Viertel aller Opfer von Hinrichtungen im Iran aus.
Gut integriert, Jobangebote, keine Straftaten
Im Fall von Jenekanlo sei aber nicht allein das hohe Risiko im Iran für sein Leib und Leben ein Grund gegen die Abschiebung, hatte der Bayerische Flüchtlingsrat erklärt. Der Kurde sei gut integriert, führte seit mehr als zehn Jahren ein ebenso unauffälliges wie unbescholtenes Leben in der Oberpfalz, habe seinen Pass abgegeben, seine Identität sei geklärt und er habe nie irgendwelche Straftaten begangen. Er hätte gut seinen Lebensunterhalt selbst verdienen können, wenn man es ihm denn erlaubt hätte. Zwei Baufirmen wollten den versierten Maurer gern anstellen.
Flüchtlingsrat Bayern: Geopfert auf dem Altar eines Behördendenkens
„Abdi J. abzuschieben ist völlig irrationales Vollzugsgehabe“, kritisierte Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Natürlich gibt das Gesetz es her, dass Abdi J. abgeschoben wird. Andererseits hätte die Ausländerbehörde längst einen Aufenthalt erteilen können. Oder, wäre der Fall gemeldet worden, hätte die Härtefallkommission den Weg in einen Aufenthalt bereiten können. Abdi J. soll geopfert werden auf dem Altar eines Behördendenkens, das nur in Richtung Abschiebung funktioniert.“ Der Appell an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, die Integrationsleistungen von Jenekanlo anzuerkennen und ihm eine Aufenthaltsperspektive zu eröffnen, bleiben auch jetzt unerhört.