Herzstillstand: Hungerstreikende Anwältin Ebru Timtik gestorben

Nach 238 Tagen im Todesfasten für ein gerechtes Verfahren ist die Rechtsanwältin Ebru Timtik in einem Krankenhaus in Istanbul gestorben.

Die Rechtsanwältin Ebru Timtik ist nach ihrem 238-tägigen „Todesfasten“ für ein gerechtes Verfahren in einem Krankenhaus in Istanbul gestorben. Wie das „Rechtsbüro des Volkes“ (türk. Halkın Hukuk Bürosu), dem die Juristin angehörte, mitteilt, erlitt Timtik einen Herzstillstand. Reanimierungsversuche blieben demnach erfolglos. Die Kanzlei ruft Kolleg*innen und die demokratische Öffentlichkeit auf, sich vor dem staatlichen Krankenhaus „Dr. Sadi Konuk“ im Stadtteil Bakırköy zu versammeln, in dem die Rechtsanwältin seit vier Wochen gegen ihren Willen festgehalten wurde.

Ebru Timtik war im Februar gemeinsam mit weiteren inhaftierten Kolleg*innen, darunter auch Aytaç Ünsal, in den Hungerstreik getreten, den sie am 5. April – dem „Tag des Anwalts” – in ein Todesfasten umgewandelt hatte. Sie war im März 2019 im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C aufgrund von widersprüchlichen Aussagen eines Kronzeugen zu einer dreizehneinhalbjährigen Haftstrafe nach Terrorparagrafen verurteilt worden. Im Oktober desselben Jahres wurde das Urteil gegen sie und 19 ihrer Kolleg*innen bestätigt. Mit dem Todesfasten forderte Timtik ein gerechtes Verfahren. Zuletzt wog sie nur noch 33 Kilogramm.

Zwar stellte die Istanbuler Gerichtsmedizin bei der Juristin eine Haftunfähigkeit fest, trotzdem wurde sie nicht aus dem Strafvollzug entlassen. Auch eine Beschwerde beim türkischen Verfassungsgerichtshof in Ankara blieb zuletzt erfolglos.

Ebru Timtik ist bereits die vierte Oppositionelle aus dem DHKP-C-Verfahren, die dieses Jahr an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist. Am 3. April starb Helin Bölek, Solistin der Musikgruppe Grup Yorum. Sie hatte 288 Tage lang aus Protest gegen die Inhaftierung von anderen Bandmitgliedern und einem Konzertverbot, mit dem Grup Yorum seit 2015 belegt ist, die Nahrungsaufnahme verweigert. Am 7. Mai kam der Yorum-Bassist Ibrahim Gökçek nach einem 323-tägigen Hungerstreik ums Leben. Zuvor war am 24. April bereits der politische Gefangene Mustafa Koçak an den Folgen eines 296 Tage andauernden Nahrungsentzugs gestorben.