Nordkurdistan: Der Fluss Zîlan ist vergiftet

Aufgrund der Staudämme, Marmorsteinbrüche und Bergwerke ist der nordkurdische Zîlan-Fluss zu einer ökologischen Todeszone geworden. Mir Bahattin Demir von der Ökologieplattform Zîlan berichtet von hohen Schwermetallkonzentrationen.

Die Zîlan-Schlucht in der nordkurdischen Provinz Wan war einst eine Region mit unberührter Natur und vielen endemischen Pflanzen- und Tierarten. Heute gleichen viele Bereiche einer ökologischen Todeszone und insbesondere der Zîlan-Fluss mit seinem einmaligen Fischbestand ist vergiftet.

Zîlan – seit fast hundert Jahren im Fokus der Zerstörung

Die Zîlan-Schlucht hat nicht nur eine wichtige ökologische Bedeutung, unter anderem als Laichgebiet der nur im Wan-See vorhandenenen Perlbarben, sondern auch eine große historische Bedeutung. Die Region gehörte zu den Gebieten mit einer sehr starken kurdischen Identität. Deswegen wurde sie vom türkischen Staat immer wieder angegriffen. 1930 wurden beim Massaker von Zîlan Tausende Kurd:innen in dem Tal vom türkischen Staat ermordet. Die überlebenden Dorfbewohner:innen wurden vertrieben. Anschließend wurden die Flächen der vertriebenen Bevölkerung vom Staat für Massentierhaltung genutzt. In den 80er Jahren wurde die Demografie weiter verändert, indem gezielt Kirgis:innen in den geräumten Dörfern angesiedelt wurden. Seitdem werden in der Region immer neue Staudämme, Bergwerke und Steinbrüche errichtet. So erleiden das kulturelle Gedächtnis und die Ökologie der Region schwersten Schaden. Der Zîlan-Fluss und seine Nebenflüsse, die einst für ihr klares und sauberes Wasser berühmt waren, sind mit Gift und Müll kontaminiert. Sedimente aufgrund des Bergbaus lassen die Flüsse verschlammen. Gleichzeitig nahm aufgrund der Staudämme der Pegel der Flüsse rapide ab. Unzählige Lebewesen sind durch die Austrocknung des Tals, den Rückgang des Wassers und die Vergiftung umgekommen.

Vergiftung führt zum Massensterben von Fischen“

Der Sprecher der Ökologieplattform Zîlan, Mir Bahattin Demir, sagt, man könne die ökologische Katastrophe kaum in Worte fassen. Zîlan sei der größte Zufluss des Wan-Sees. Die Vergiftung mit Schwermetallen liege im Bergbau am Fluss begründet, gleichzeitig vergifteten aber auch ungeklärte Abwässer aus den Dörfern den Fluss. Zusätzlich zu diesen negativen Aspekten stellt Demir fest, dass die Regionaldirektion für staatliche Wasserbauarbeiten (DSI) die natürliche Struktur der Bäche und Flüsse unter dem Schlagwort „Gewässersanierung“ zerstört habe. Er führt aus: „Infolge der Verschlechterung der Wasserqualität durch den früher im Zîlan-Tal errichteten Koçköprü-Staudamm und das mit dem Stausee errichtete Kraftwerk sowie infolge des Sauerstoffmangels kommt es zu einer Algenblüte im Wasser. Obwohl wir die Behörden schriftlich über die katastrophalen Ergebnisse unserer Wasseranalysen informierten, passierte nichts. So trat das von uns prognostizierte Massensterben von Fischen und anderen Lebewesen ein. Wissenschaftliche Untersuchungen der Fauna und Flora in Zîlan durch die Universität Ankara ergaben, dass es hier eine Vielfalt von 430 Pflanzenarten gibt und zahlreiche Arten endemisch sind. Es wurden drei neue endemische Arten entdeckt. Angesichts der Zerstörung der Lebensräume von Salamandern und Fischottern erwarten wir, dass die Entscheidung des Staatsrats, der unsere Anträge positiv beschieden hatte, und die drei Klagen, die wir beim 1. Verwaltungsgericht Van eingereicht haben, zu positiven Entscheidungen für die Natur und unsere gemeinsamen Lebensräume führen werden.“