„Big Jump“ für Hasankeyf

Weltweit sind heute viele Menschen in Flüsse und Seen gesprungen, um ein Zeichen für den Erhalt der historischen Stätte Hasankeyf und des umliegenden Tigristals zu setzen. Der Ort ist akut von der Flutung durch ein umstrittenes Staudammprojekt bedroht.

Am heutigen Sonntag hat die europaweite „Big Jump Challenge“ stattgefunden. Bereits seit 2005 springen jedes Jahr am zweiten Sonntag im Juli Menschen in Europa und anderswo in Flüsse und Seen, um ein Zeichen für Gewässerschutz zu setzen. In diesem Jahr hatte die „Initiative zur Rettung von Hasankeyf” gemeinsam mit der Ökologiebewegung Mesopotamien dazu aufgerufen, am 14. Juli nach Hasankeyf (kurdisch: Heskîf) zu kommen. Die 12.000 Jahre alte Ortschaft und das umliegende Tigristal in der nordkurdischen Provinz Êlih sollen für das auf 50 Jahre Betriebsdauer angelegte Ilisu-Wasserkraftwerk, eines der weltweit umstrittensten Talsperrenprojekte, untergehen.

Der „große Sprung“ in den Tigris wurde in Hasankeyf allerdings untersagt. Einen Tag vor der Aktion hatte das türkische Landratamt eine Genehmigungspflicht für öffentliche Aktivitäten eingeführt, um der „Prävention vor Ertrinken, Ruhe und Sicherheit innerhalb der Kreisgrenzen und der Kriminalprävention” zu dienen. Dennoch zog es heute zahlreiche Menschen auf das Gebiet des antiken Mesopotamiens, dessen Wurzeln bis in die Bronzezeit reicht.

Neben Aktivistinnen und Aktivisten der Ökologiebewegung, Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie verschiedenen Berufsverbänden waren auch Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und die britische Politikerin Julie Ward nach Hasankeyf gereist. Ward ist Abgeordnete (Labour) im Europäischen Parlament und sitzt im Ausschuss für Kultur und Bildung.

Verhandlungen mit der türkischen Jandarma, den Sprung in den Tigris zu genehmigen, scheiterten. Daraufhin wurde eine Erklärung verlesen, in der das Verbot der „Big Jump Challenge“ als Schande bezeichnet wurde.

Istanbul

In Istanbul sprangen Aktivist*innen der „Hasankeyf-Koordination” ins Marmarameer, um die sofortige Einstellung des Ilisu-Projekts zu fordern. Zuvor hatte vor der österreichischen Botschaft im Bezirk Sariyer eine Pressekonferenz stattgefunden, an der sich unter anderem auch der linke Gewerkschaftsbund KESK und der Ärzteverband TTB beteiligten. Der österreichische Wasserkraftwerksbauer Andritz arbeitet eng mit dem Erdoğan-Regime zusammen und liefert Technik und Know-How für den Ilisu-Staudamm.

In der Türkei sprangen Aktivistinnen und Aktivisten außerdem in Antalya, Nevşehir und Çanakkale für Hasankeyf ins Wasser.

Mainz

In Rheinland-Pfalz hatte in Solidarität mit dem Widerstand in Hasankeyf die „Initiative Mainz-Rojava” nach Mainz eingeladen. Rund 20 Menschen beteiligten sich an der Aktion und sprangen für die Kulturstätte in den Rhein.

Hamburg


In der Hansestadt Hamburg kamen Aktivistinnen und Aktivisten der Kampagnen TATORT Kurdistan und Make Rojava Green Again am Oberlauf der Alster zusammen, um gegen die Flutung der 12.000 Jahre alten Stadt Hasankeyf zu protesieren. Trotz ziemlich kalter Temperaturen sprangen sie in die Fluten und zeigten Transparente und Schilder für den Erhalt von Hasankeyf.

Weitere Aktionen fanden unter anderem im ostkurdischen Sine (Sanandaj), in Bagdad, Sarajevo, Berlin, München, Nürnberg, im Wendland, London, im schottischen Dundee, Kopenhagen, Barcelona und Rio de Janeiro statt.

Barcelona

 

Die 12.000 Jahre alte Kulturstätte Hasankeyf ist ein einmaliger Ort der Menschheitsgeschichte: 20 östliche und westliche Kulturen haben hier ihre Spuren hinterlassen. 5.500 Höhlen, hunderte bisher entdeckte Monumente und eine faszinierende Verwobenheit mit Felsen und dem Tigris geben dem Ort globale Bedeutung. Nach Meinung von Experten erfüllen Heskîf und das umliegende Tal des Tigris - eines der letzten erhaltenen großen Flussökosysteme in der Türkei - neun von zehn Kriterien für eine Eintragung als UNESCO-Weltkulturerbe, und bildet die Lebensgrundlage für bis zu 100.000 Menschen. Nach dem Willen der türkischen Regierung jedoch soll Hasankeyf untergehen.