Zwei Journalistinnen in Iran zu langjährigen Haftstrafen verurteilt

Für ihre Berichterstattung über den staatlichen Feminizid an der Kurdin Jina Mahsa Amini kamen die Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi 2022 ins Gefängnis. Nun wurden sie von einem Revolutionsgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Ein Revolutionsgericht in Irans Hauptstadt Teheran hat zwei Journalistinnen zu sechs beziehungsweise sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ihnen wurde „Kollaboration mit der US-Regierung“, „Verstöße gegen die nationale Sicherheit“ und „Propaganda gegen das System“ vorgeworfen, wie das Justizportal Misan am Sonntag berichtete.

Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi hatten über den Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 berichtet. Die 22-jährige Kurdin war wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften von der Sittenpolizei festgenommen und in Gewahrsam zu Tode misshandelt worden. An Aminis Tod entzündeten sich die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution und monatelange Proteste gegen das Regime, bei denen mehr als 500 Menschen getötet und rund 20.000 verhaftet wurden, darunter fast 100 Medienschaffende.

Nilufar Hamedi und Elaheh Mohammadi waren unter den Ersten, die über den Tod von Jina Mahsa Amini berichteten. Hamedi tat dies für die Zeitung „Shargh“ aus dem Krankenhaus in Teheran, in dem Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei im Koma lag, bevor sie am 16. September offiziell für tot erklärt wurde. Vier Tage später wurde Hamedi verhaftet. Elaheh Mohammadi arbeitet bei der Zeitung „Ham-Mihan“. Sie reiste in Aminis Heimatstadt Seqiz in Rojhilat, um über die Beerdigung der Kurdin zu berichten, aus der sich die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution entwickelte. Knapp zwei Wochen später wurde auch sie verhaftet. Im Mai wurden sie in Abwesenheit mit dem Pressefreiheitspreis der UN-Kulturorganisation Unesco ausgezeichnet.

Nilufar Hamedi twitterte Mitte September dieses Foto. Darauf zu sehen war ein verzweifeltes Ehepaar im Krankenhaus, deren Tochter dort im Koma lag: Die Eltern von Jina Mahsa Amini. So verschaffte die Journalistin dem Fall früh Aufmerksamkeit, wofür sie verhaftet wurde. Der Tod der jungen Kurdin löste die schwersten Proteste seit Jahrzehnten gegen das islamistische Unrechtssystem des iranischen Regimes aus. Der Sicherheitsapparat reagierte mit äußerster Härte: Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden mehr als 530 Menschen von iranischen Regimekräften im Zusammenhang mit der „Jin, Jiyan, Azadî“-Bewegung getötet, darunter dutzende Minderjährige.| © NH


Die Berichterstattung der beiden Reporterinnen war in den Tagen nach Aminis Tod von entscheidender Bedeutung, um die Nachricht zu verbreiten. Das Gericht verhängte neben den Haftstrafen zudem ein zweijähriges Verbot gegen die Frauen, sich in Gruppen zu organisieren, in den sozialen Medien aktiv zu sein oder ihrer Arbeit als Journalistinnen nachzugehen. Wie örtliche Medien berichteten, handelt es sich bei dem Urteil gegen Hamedi und Mohammadi um ein vorläufiges, gegen das binnen 20 Tagen Berufung eingelegt werden kann.