Strafe gegen Halk TV wegen Vorstellung von Demirtaş-Buch
Die türkische Rundfunkaufsicht hat erneut Sanktionen gegen den Oppositionssender Halk TV verhängt. Das Vergehen: Ein Moderator stellte das neue Buch „Dad“ von Selahattin Demirtaş vor.
Die türkische Rundfunkaufsicht hat erneut Sanktionen gegen den Oppositionssender Halk TV verhängt. Das Vergehen: Ein Moderator stellte das neue Buch „Dad“ von Selahattin Demirtaş vor.
Der türkische Sender Halk TV muss im Zusammenhang mit der Vorstellung eines Buches eine Geldstrafe zahlen und darf mehrfach für begrenzte Zeit nicht senden. Grund für die Strafe sei ein Programm, in dem das neue Buch des inhaftierten kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş präsentiert wurde, teilte Ilhan Taşçı, von der Oppositionspartei CHP entsandtes Mitglied der die Strafe verhängenden Rundfunkaufsichtsbehörde RTÜK, am Mittwoch via Twitter mit.
Dem Moderator der Sendung werde vorgeworfen, wegen „terroristischer Straftaten“ inhaftierte und angeklagte Menschen gepriesen zu haben, schrieb Taşçı. Der Journalist kritisierte die Entscheidung und nannte die Türkei das „Land, das Angst vor Büchern hat“. Die neue Kurzgeschichtensammlung des ehemaligen Ko-Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP) trägt den Titel „Dad“ (kurdisch für Gerechtigkeit).
Der Eingriff überrascht nicht, da es ist keineswegs neu ist, dass der staatliche Medienaufsichtsrat Geldstrafen und Sendeverbote verhängt. Zuletzt waren Halk TV und zwei weitere oppositionelle Sender Ende Februar wegen kritischen Erdbeben-Berichten zu Sanktionen verdonnert worden. Kritiker:innen bezeichnen die Behörde als „Hinterhof der Regierung“, der die Anweisungen des Palasts von Recep Tayyip Erdogan zu befolgen habe. Neun der zwölf Mitglieder des RTÜK-Gremiums gehören der regierenden AKP und ihrem rechtsextremen Partner MHP an.
Seit 2016 in politischer Geiselhaft
Selahattin Demirtaş sitzt seit November 2016 im Gefängnis. Die Inhaftierung des Politikers wird als politisch motiviert kritisiert, so etwa vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Das Straßburger Gericht hatte 2018 und 2020 seine Freilassung angeordnet, die Türkei ignoriert das Urteil bis heute. Gegen Demirtaş laufen zahlreiche Prozesse, darunter wegen „Gründung und Führung einer Terrororganisation“. Im Verfahren um die Proteste vom Oktober 2014 gegen die türkische Unterstützung für den IS beim Überfall auf die Stadt Kobanê in Nordsyrien werden für Demirtaş bis zu 15.000 utopische Jahre Gefängnis gefordert. In mehreren Verfahren, darunter wegen Präsidentenbeleidigung, wurde er bereits zu verschiedenhohen Haftstrafen verurteilt.