Prozessauftakt gegen Journalistin Beritan Canözer

Beim Prozessauftakt gegen die kurdische Journalistin Beritan Canözer in Amed hat ein Kronzeuge ausgesagt, dass die Angeklagte Reportagen machte und junge Frauen zur Jineolojî-Akademie brachte. Angeklagt ist die JinNews-Reporterin wegen PKK-Mitgliedschaft.

Vor dem 10. Strafgericht Diyarbakır (ku. Amed) hat der Prozess gegen die kurdische Journalistin Beritan Canözer begonnen. Die Korrespondentin der feministischen Agentur JinNews wird der Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt. Canözer ist eine von vier kurdischen Medienschaffenden, die Ende April verhaftet worden waren. Dem vorausgegangen war eine landesweite Operation gegen die kurdische Opposition und Zivilgesellschaft, in deren Verlauf rund 200 Menschen festgenommen wurden, darunter Politiker:innen der Grünen Linkspartei (YSP) und der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Anwältinnen und Anwälte sowie Aktive aus Kunst und Kultur. Mehr als sechzig Personen wurden in der Folge wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der PKK verhaftet und damit nur wenige Wochen vor der Parlaments- und Präsidentschaftswahl aus dem Verkehr gezogen. Das gesamte Verfahren basiert auf Aussagen des Kronzeugen Ümit Akbıyık. Das frühere HDP-Mitglied hat rund 800 Oppositionelle belastet, um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen.

Beritan Canözer war zwei Monate in Untersuchungshaft und wurde im Juni freigelassen. Sie nahm an der Verhandlung in Begleitung ihres Rechtsanwalts Muharrem Erbey teil. Der Kronzeuge Akbıyık wurde über eine Videoschaltung in die Verhandlung eingebunden. Der Prozessauftakt wurde von der Mesopotamischen Journalistinnenvereinigung MKG, der Journalistenvereinigung DFG und dem Verein für Medien und Recht (MLSA) beobachtet.

Journalismus ist kein Verbrechen“

Die Staatsanwaltschaft fordert für Beritan Canözer eine Freiheitsstrafe zwischen siebeneinhalb und 15 Jahren. Die Angeklagte erklärte vor Gericht, dass sie den Kronzeugen nicht persönlich kennengelernt hat und nur aus den Medien von seinem Engagement im HDP-Jugendrat wusste. In der Anklageschrift seien Artikel von ihr als Beweismittel der Anklage aufgeführt, sagte die Journalistin und fuhr fort: „Bei diesen Artikel handelt es sich um Meldungen mit eindeutigen Quellen. Ich bin als Journalistin bekannt und übe diesen Beruf nicht konspirativ aus. Bereits in der Vergangenheit wurde ich aufgrund meiner Artikel angeklagt und freigesprochen. Ich berichte vor allem über Frauen und Kinder. Wir sind die Stimme von Frauen und Kindern, die ermordet, vergewaltigt und missbraucht werden. Ich spreche mit Politikerinnen darüber und mache dabei keine Unterschiede. Journalismus und verfasste Artikel sind keine Straftat. Ich weise die Anschuldigungen gegen mich zurück.“

Sie brachte junge Frauen zur Jineolojî-Akademie“

Auch der Kronzeuge konnte die Anschuldigungen nicht erhärten. Akbıyık sagte die Videoverbindung aus, er habe die Angeklagte 2018 in der HDP-Zentrale in Amed kennengelernt, als die Journalistin eine Reportage über ein Konzert machen wollte. Sie habe über den HDP-Jugendrat berichtet und sei in Sûr zusammen mit „Organisationsmitgliedern“ gesehen worden. Außerdem habe sie junge Frauen aus dem HDP-Jugendrat zur Jineolojî-Akademie gebracht. „Mehr habe ich nicht zu sagen“, so der Kronzeuge.

Die Verhandlung wurde auf den 8. Dezember vertagt.