Am Mittwoch findet in Istanbul der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen acht Journalist*innen statt. Den Angeklagten wird im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über den Tod eines Mitarbeiters des türkischen Geheimdienstes MIT in Libyen „Verstoß gegen das Geheimdienstgesetz“ vorgeworfen. Einen Tag vor der Verhandlung hat die Staatsanwaltschaft Freiheitsstrafen zwischen acht und 19 Jahren gefordert.
Bei den Angeklagten handelt es sich um Mehmet Ferhat Çelik und Aydın Keser von der prokurdischen Zeitung Yeni Yaşam, Murat Ağırel von Yeniçağ, Barış Pehlivan, Barış Terkoğlu und Hülya Kılınç vom Online-Nachrichtenportal Oda TV, den mittlerweile in Deutschland lebenden Sozialanthropologen Erk Acarer sowie um Eren Ekinci, einen Mitarbeiter des Pressebüros der CHP-geführten Kommunalverwaltung der Kreisstadt Akhisar. Barış Pehlivan, Murat Ağırel und Hülya Kılınç sind in Untersuchungshaft, Ferhat Çelik, Aydın Keser und Barış Terkoğlu sind im Juni nach mehrmonatiger Haft freigelassen worden.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, mit der Veröffentlichung von Informationen die Sicherheit und die politischen Interessen des Staates gefährdet zu haben. Das Verfahren gegen Erk Acarer soll abgetrennt werden, da er sich im Ausland befindet.
Bei der Anklage gegen die Journalist*innen geht es um Berichte über die Beerdigung von Mitarbeitern des türkischen Geheimdienst MIT, die in Libyen getötet wurden, deren Tod aber bereits zuvor öffentlich thematisiert worden war – unter anderem nach einer entsprechenden Erklärung des türkischen Verteidigungsministeriums bei einer Pressekonferenz eines IYI-Partei-Abgeordneten im türkischen Parlament. Die Journalisten von Yeni Yaşam hatten sogar lediglich von Soldaten berichtet, die in Libyen ums Leben gekommen sind. Von MIT-Angehörigen war in ihrer Berichterstattung gar nicht die Rede. Grundlage der Anklage ist ein neuer Artikel im türkischen Strafgesetz, der „Verbrechen gegen den Nationalen Nachrichtendienst” regelt.