Im Rahmen des Strafverfahrens gegen mehrere Journalist*innen in der Türkei, denen im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über Ankaras Kriegseinsätze in Libyen die „Offenlegung von Staatsgeheimnissen“ zum Vorwurf gemacht wird, hat die türkische Justiz einen Haftbefehl gegen den Exil-Journalisten Erk Acarer ausgestellt. Der investigative Journalist berichtete in der Türkei immer wieder über die Schattenseiten des Erdoğan-Regimes und geriet deshalb ins Visier der Regierung. Seit 2017 lebt er im Exil in Berlin. Das Fahndungsgesuch nach Acarer wurde von der Generalstaatsanwaltschaft Istanbul für die Türkei herausgegeben. In Deutschland liegt es offenbar nicht bzw. noch nicht vor.
Von den acht aufgrund ihrer Libyen-Berichterstattung angeklagten Journalist*innen sind sechs im Gefängnis. Unter ihnen befinden sich auch die beiden kurdischen Journalisten Mehmet Ferhat Çelik und Aydın Keser von der Zeitung Yeni Yaşam. Bei den Vorwürfen gegen sie geht es um Berichte über die Beerdigung von Mitarbeitern des türkischen Geheimdienst MIT, die in Libyen getötet wurden, deren Tod aber bereits zuvor öffentlich thematisiert worden war. Sollten sie verurteilt werden, drohen ihnen wegen „Verstoß gegen das Geheimdienstgesetz“ zwischen acht und siebzehn Jahren Freiheitsstrafe. Grundlage der Anklage ist ein neuer Artikel im türkischen Strafgesetz, der „Verbrechen gegen den Nationalen Geheimdienst” regelt und aktuell explizit die Journalist*innen betrifft, die wegen ihrer Berichterstattung über die Beteiligung der Türkei am Krieg in Libyen im Gefängnis sind.
Erk Acarer schreibt für die taz sowie die in der Türkei erscheinende Zeitung Birgün und moderiert seine eigene Sendung beim 2017 gegründeten Exilsender Artı TV, der aus Köln sendet. Unter dem Slogan „Mehr als Sie wissen” will der Sender als Gegenreaktion auf die Zensur in der Türkei unabhängige Nachrichten, Analysen und Kommentare veröffentlichen und unterschiedlichen Gruppen, Religionen und Minderheiten der Türkei eine Stimme bieten. Artı TV verfügt über Reporter und Redakteure in Deutschland, Istanbul, Ankara, Amed (Diyarbakır) und London. Das regierungskritische Internetportal Artı Gerçek wird von der selben Redaktion betrieben.