Gericht verhängt Meldeauflagen gegen JinNews-Reporterin

Die türkische Justiz geht weiter gegen unabhängige Medien vor, insbesondere solche in der Tradition der freien kurdischen Presse. Gegen Elfazi Toral von JinNews wurden polizeiliche Meldeauflagen verhängt, weil sie eine Presseerklärung dokumentieren wollte

Die türkische Justiz geht weiter gegen unabhängige Medien vor, insbesondere solche in der Tradition der freien kurdischen Presse. Ein Gericht in Istanbul ordnete am Samstag Meldeauflagen gegen die Journalistin Elfazi Toral an. Die Korrespondentin der Nachrichtenagentur JinNews soll gegen das Demonstrationsgesetz Nr. 2911 verstoßen haben. Außerdem wird ihr Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen.

Elfazi Toral war am Freitag in Istanbul festgenommen worden. Sie hatte eine öffentliche Pressekonferenz des Provinzverbands der Partei HEDEP dokumentieren wollen. Die Abgabe der Erklärung sollte vor dem Hintergrund einer am Vortag gewaltsam von der Polizei aufgelösten Kundgebung gegen die türkische Nekropolitik in Kurdistan erfolgen. Bei dem Übergriff auf den Protest waren fast fünfzig Menschen festgenommen worden, viele wurden in Polizeigewahrsam misshandelt. Die Sicherheitsbehörden verhinderten die Pressekonferenz.

Neben Toral waren vor dem Sitz der Istanbuler HEDEP-Zentrale auch ihre Kollegin Sema Korkmaz vom Magazin „Demokratik Modernite“ (dt. Demokratische Moderne) sowie die Aktivistin Edanur Aydoğdu vom Jugendrat der HEDEP von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Nach einer obligatorischen Gesundheitskontrolle wurden die drei Frauen auf das als Folterzentrum berüchtigte Polizeipräsidium Vatan im Istanbuler Bezirk Fatih gebracht.

Nach einer Nacht in der Gewahrsamszelle fand am Vormittag die Überstellung von Toral, Korkmaz und Aydoğdu an das diensthabende Gericht statt. Nur im Fall der JinNews-Reporterin stellte die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erteilung von polizeilichen Meldeauflagen, dem das Gericht nachkam. Der Mechanismus gilt als Alternative zur Haft und wird von der türkischen Justiz exzessiv ausgeschöpft, um unliebsame Personen unter Kontrolle zu halten. Grundlage der als „Präventivmaßnahme“ bezeichneten Meldeauflage ist das 2013 in Kraft getretene Gesetz zur „Freilassung unter Kontrolle“. Besonders betroffen sind Menschen aus Opposition und Zivilgesellschaft.

„Ich knalle euch ab, niemand wird euch finden“

JinNews ist eine feministische Nachrichtenagentur mit Sitz in der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakır). Sie steht in der Tradition der weltweit ersten Frauennachrichtenagentur Jinha, die kurz nach dem Pseudoputsch im Juli 2016 in der Türkei per Notstandsdekret verboten wurde. Die gesamte Belegschaft von JinNews besteht aus Frauen – von der Chefredakteurin, über die Fahrerin bis zur Technikerin. Ihre Arbeit ist nicht leicht, da das Team von JinNews immer wieder in den Fokus der türkischen Repressionsbehörden gerät. Eine immer wiederkehrende Anschuldigung ist, dass die Agentur der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehen würde. Auch Elfazi Toral kann davon ein Lied singen. Im letzten Jahr wurde die Journalistin auf einer Friedenskundgebung in Wan sogar mit dem Tod bedroht. Die Worte des Polizisten lauteten: „Ich knalle euch ab, niemand wird euch finden.“