Am Rande einer Friedenskundgebung in Wan sind drei kurdische Journalistinnen von einem Polizeibeamten mit dem Tod bedroht worden. Bei den Betroffenen handelt es sich um Berivan Kutlu, Zelal Tunç und Elfazi Toral. Die Frauen arbeiten für MA und JinNews und sind damit Korrespondentinnen zweier führender Nachrichtenagenturen in der Tradition der freien kurdischen Presse. „Ich knalle euch ab, niemand wird euch finden“, habe der Polizist zu einer der Betroffenen gesagt.
Der Vorfall ereignete sich am Donnerstagabend im Anschluss an die von den Parteien HDP und DBP organisierte Kundgebung zum Weltfriedenstag, deren Motto „Wir verteidigen das Leben gegen Krieg und Tod“ lautete. Nach der kämpferischen Veranstaltung verließen die Beteiligten in einer Demonstration den Versammlungsort. Die Polizei drangsalierte dabei nicht nur Teilnehmende der Kundgebung – unter anderem mit Wasserwerfern und Tränengas – sondern setzte auch Medienschaffende in ihren Fokus, die die Geschehnisse verfolgten.
Auf Videoaufnahmen, die von MA veröffentlicht worden sind, ist zu erkennen, wie einer der Beamten (mit rotem T-Shirt) inmitten einer Menschenmenge nach seiner Polizeiaffe greift. Die Journalistin Elfazi Toral versucht noch, ihn zu beschwichtigen und die Situation zu deeskalieren, wird dann aber von anderen Polizisten beiseite geschubst. Derselbe Polizist, der die Journalistinnen mit dem Tod bedrohte, fiel zuvor auch durch Schläge auf Kameras von Medienschaffenden auf.
Journalist gewaltsam zu Boden gebracht
Ein anderer Journalist, Mesut Bağcı, der die Kundgebung in Wan ebenfalls begleitete, wurde während der Berichterstattung von mehreren Polizisten gewaltsam zu Boden gebracht und einer Durchsuchung unterzogen. Die Szene, die am Ende des Videos zu sehen ist, vermittelt einen martialischen Eindruck. Am Rande der Polizeiaktion ruft einer der beteiligten Beamten noch einem im Bild nicht zu sehenden Pressevertreter zu: „Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht filmen.“
MKGP: Leichtfertige Bereitschaft, potenziell tödliche Waffen einzusetzen
Die Journalistinnenplattform Mesopotamiens (MKGP) kritisierte das polizeiliche Vorgehen in Wan scharf. „Die Polizeigewalt wird mit jedem Tag brutaler. Es darf nicht sein, dass Polizeieinsätze für Medienschaffende immer wieder zu lebensbedrohlichen Situationen führen und Sicherheitskräfte zur tödlichen Bedrohung für Menschen im Journalismus werden.“ Die Vorfälle in Wan zeigten erneut, wie das Handeln der türkischen Polizei gegen selbsternannte Feinde mit Gewalt verknüpft sei und verdeutlichten die leichtfertige Bereitschaft, potenziell tödliche Waffen unbegründet einzusetzen. Die MKGP fordert die Behörden auf, umgehende Ermittlungen gegen alle beteiligten Beamten einzuleiten.
Die betroffenen Medienschaffenden haben sich derweil an den Menschenrechtsverein IHD gewandt und die Sache zur Anzeige gebracht.