Freisprüche im Özgür-Gündem-Prozess

Im Prozess gegen Şebnem Korur Fincancı, Erol Önderoğlu und Ahmet Nesin wegen ihrer Solidarität mit der per Dekret verbotenen Tageszeitung Özgür Gündem sind die drei Angeklagten in Istanbul freigesprochen worden.

In Istanbul fand heute einer der Prozesse im Zusammenhang mit der per Dekret verbotenen Tageszeitung Özgür Gündem statt. Die Forensikerin Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı, die Vorsitzende der Menschenrechtsstiftung Türkei ist und 2018 mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet wurde, sowie Erol Önderoğlu, der Türkei-Vertreter von „Reporter ohne Grenzen“, und der Journalist und Autor Ahmet Nesin wurden von dem Vorwurf der Terrorpropaganda freigesprochen. Ihnen war zur Last gelegt worden, dass sie sich im Rahmen der Kampagne „Bereitschaftsjournalismus“ mit der per Notstandsdekret verbotenen prokurdischen Tageszeitung Özgür Gündem solidarisiert hatten.

An der Verhandlung nahm von den Angeklagten nur Şebnem Korur Fincancı teil, Erol Önderoğlu und Ahmet Nesin halten sich im Ausland auf. Beobachtet wurde der Prozess unter anderem von dem HDP-Abgeordneten Ahmet Şık, zahlreichen „Akademiker*innen für Frieden“ sowie von Vertreter*innen der Reporter ohne Grenzen, der britischen Botschaft und dem norwegischen PEN.

Solidarität gegen Repression

Şebnem Korur Fincancı gab vor Gericht an, am internationalen Tag für Pressefreiheit Solidarität mit der Zeitung Özgür Gündem geübt zu haben. Die Zeitung sei am 30. Mai 1992 erstmalig erschienen und habe von Beginn an gegen Repression kämpfen müssen, erklärte die Angeklagte und zählte die Namen der getöteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeitung auf.

„Es reicht nicht aus, nur unseren Verstand zu benutzen, wir müssen ihn verantwortungsbewusst einsetzen und den Staat kritisieren. Wenn wir ihn nicht kritisieren können, können wir keine verantwortlichen Bürgerinnen und Bürger sein. Ich habe als Menschenrechtlerin meine Aufgabe als eine verantwortliche Bürgerin erfüllt und weise die Vorwürfe gegen mich zurück“, sagte die Vorsitzende der Menschenrechtsstiftung TIHV.

Das Gericht konnte keinen Straftatbestand erkennen und sprach die drei Angeklagten frei.

In anderen Verfahren im Zusammenhang mit der Özgür Gündem sind bereits diverse Angeklagte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Der ehemalige Chefredakteur Hüseyin Aykol ist vergangene Woche in Ankara verhaftet worden, gegen ihn liegt ein rechtskräftiges Urteil von drei Jahren und neun Monaten Haftstrafe vor.