Ermittlungsakte gegen Journalisten unter Geheimhaltung

Der am Freitag festgenommene Journalist Emrullah Acar befindet sich weiterhin in Polizeigewahrsam. Über die Ermittlungsakte wurde eine Geheimhaltungsverfügung verhängt. Der MA-Korrespondent soll am Montag an ein Gericht in Meletî überstellt werden.

Das Ermittlungsverfahren gegen den kurdischen Journalisten Emrullah Acar ist als Verschlusssache eingestuft worden. Durch die von der Staatsanwaltschaft in Meletî angeordnete Geheimhaltungsverfügung hat der Rechtsbeistand des 25-Jährigen keine Einsicht in die Akte. Bei der Maßnahme handelt es sich um eine gängige Methode der türkischen Justiz, die Verteidigung zu torpedieren.

Emrullah Acar war am vergangenen Freitag in seiner Wohnung in der nordkurdischen Provinz Riha (tr. Urfa) festgenommen und nach Meletî überstellt worden. Grundlage ist ein gegen ihn anhängiges Verfahren wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“, zu den genauen Hintergründen ist aufgrund der verweigerten Akteneinsicht nichts bekannt. Festgehalten wird er in der Antiterrorzentrale der Polizei in Meletî. Der in Amed (Diyarbakir) ansässige Journalistenverein Dicle-Firat (DFG) sieht in dem Vorgehen gegen Acar eine gezielte Repressionsmaßnahme, um ihn an seiner Tätigkeit als Journalist zu hindern.

Acar, der ursprünglich aus Kerboran (Dargeçit) stammt, studierte Journalismus an der Universität Mersin und arbeitet seit drei Jahren als Korrespondent für die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA). In Riha begleitet er unter anderem den Gerechtigkeitskampf von Emine Şenyaşar, die ihren Ehemann und zwei Söhne vor dreieinhalb Jahren bei Lynchmorden durch einen AKP-Mob verloren hat. Von Sicherheitskräften wird Acar wegen seiner Arbeit als „Störer“ wahrgenommen, mehrmals wurde er bereits bedroht und drangsaliert. Für den morgigen Montag ist seine Überstellung an die Staatsanwaltschaft für eine erste Vernehmung angesetzt.

Mahnwache von Emine Şenyaşar am 8. November vor dem Justizpalast in Riha, fotografiert von Emrullah Acar

Türkei – größtes Gefängnis für Medienschaffende

Die Türkei gehört weltweit zu den repressivsten Staaten gegenüber Medienschaffenden. Nach einer Zählung des DFG sitzen derzeit mindestens 62 Journalistinnen und Journalisten in türkischen Gefängnissen (Stand 2. November). Für Emrullah Acar hat der Verein derweil eine digitale Kampagne gestartet. Die Initiative läuft unter dem Hashtag #EmrullahAcarıSerbestBırakın („Lasst Emrullah Acar frei“) und wird von zahlreichen Einzelpersonen und Organisationen unterstützt, darunter der linke Gewerkschaftsbund DISK, die Vereinigung freiheitlicher Juristinnen und Juristen (ÖHD), Mitglieder der Familie Şenyaşar und Parlamentsabgeordnete.