Ende November bestätigte ein türkisches Berufungsgericht in Istanbul das Urteil gegen mehrere „symbolische Chefredakteur*innen“, die sich im Rahmen der Kampagne „Bereitschaftsjournalismus“ mit der im August 2016 per staatlichem Dekret verbotenen prokurdischen Tageszeitung Özgür Gündem solidarisiert hatten. In dem Verfahren waren die Journalist*innen Hüseyin Aykol, Ayşe Düzkan, Hüseyin Bektaş, Mehmet Ali Çelebi und Ragıp Duran wegen „Propaganda für eine Organisation“ im Januar 2018 zu insgesamt fast zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Die gegen Ayşe Düzkan verhängte Haftstrafe betrug 18 Monate. Am 29. Januar trat die Feministin ein Drittel der Strafe an. Wie ihre Tochter Haziran Düzkan heute über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte, wurde Ayşe Düzkan am Dienstag aus dem Gefängnis in Eskişehir entlassen. „Meine Mutter wird sich einige Tage erholen und anschließend wie gewohnt ihrer Arbeit nachgehen“, heißt es in der Mitteilung.
Im März hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei im Fall der Tageszeitung „Ülkede Özgür Gündem“, einer Nachfolgerin von „Özgür Gündem“, verurteilt. Die Zeitung war zweieinhalb Jahre nach Publikationsbeginn am 16. November 2006 verboten worden, den Eigentümer Ali Gürbüz hatte die türkische Justiz mit Strafprozessen überzogen. Obwohl er letztlich freigesprochen worden sei, habe der Beschwerdeführer sich aus Angst vor einer Verurteilung unweigerlich selbst zensiert, teilte der EGMR zu seinem Urteil mit. Damit habe die Türkei gegen Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verstoßen. Der türkische Staat muss Gürbüz 3.500 Euro Entschädigung zahlen. Das Urteil kann jedoch noch bis morgen angefochten werden.
157 Medienschaffende in türkischen Gefängnissen
Die Türkei ist und bleibt das größte Gefängnis für Journalistinnen und Journalisten. Nach einem Bericht der Initiative freier Journalist*innen (Özgür Gazeteciler İnisiyatifi, ÖGİ) zur Pressefreiheit in der Türkei befanden sich im Mai157 Medienschaffende türkischen Gefängnissen.