Verfassungsgericht: Imrali-Isolation juristisch legitim

Der türkische Verfassungsgerichtshof hat eine Beschwerde der Imrali-Gefangenen gegen Kontaktsperren und Disziplinarstrafen als unbegründet verworfen. Die Isolation in dem Inselgefängnis im Marmarameer sei juristisch legitim.

Der türkische Verfassungsgerichtshof hat eine Beschwerde des Rechtsbeistands der Imrali-Gefangenen Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım gegen eine Kontaktsperre als unbegründet verworfen. Die Entscheidung, gegen die drei Mitgefangenen von Abdullah Öcalan ein Kontaktverbot zu ihren Familieangehörigen und Verteidigern aufgrund von Disziplinarstrafen zu verhängen, werde vom Gericht als „zutreffend” erachtet. Entsprechend seien weder Besuche zu gewähren, noch willkürlich und jenseits gültigen Rechts verhängte Disziplinarstrafen zu verhindern. Auch Hindernisse beim Zugang der Anwälte zu Ermittlungsakten müssten nicht beseitigt werden. Das waren zwei weitere wichtige Punkt der Beschwerde.

Die am 23. September 2020 durch das Vollzugsgericht Bursa verhängte Kontaktsperre war mit Disziplinarstrafen gegen die Imrali-Gefangenen in den Jahren 2005 bis 2009 und der 2009 von Abdullah Öcalan verfassten „Roadmap für Verhandlungen“, die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Verteidigungsschrift vorgelegt wurde, begründet worden. Daraufhin legte das Rechtsbüro Asrin, das Öcalan und seine Mitgefangenen vertritt, Verfassungsbeschwerde ein. Im Fall von Konar, Aktaş und Yıldırım liegt die Entscheidung des Gerichts bereits seit dem 13. März vor, wie am Montag bekannt wurde. Zu Abdullah Öcalan gibt es bisher kein Urteil.

Laufende Verfahren in Ankara und Straßburg

Das Rechtsbüro Asrin hat 2020 neben den laufenden Verfahren vor regionalen Gerichten im Zusammenhang mit seinen Mandanten auf Imrali 19 Anträge vor dem Verfassungsgericht und einen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gestellt. Zum Ende des Jahres lagen 39 Akten beim Verfassungsgericht und sieben beim EGMR. Seit der Jahreswende kamen weitere hinzu. Asrin bezeichnet das Inselgefängnis Imrali als ein „juristisches schwarzes Loch“. In gewissen Abständen gebe es neue Verfügungen, die keiner juristischen Kontrolle unterliegen würden. Früher wurden Kontakte mit Imrali mit defekten Booten und schlechtem Wetter begründet, heute gibt es Anordnungen vom Disziplinarausschuss oder Gerichten, die im „Copy-Paste-Verfahren“ hergestellt werden. Die Kanzlei erhielt bisher in fast keinem Verfahren vollständige Akteneinsicht, in jüngster Zeit erfährt es nicht einmal mehr die Aktenzeiadchen der laufenden Verfahren. Durch die juristische Isolation soll die Lage auf Imrali zum Dauerzustand gemacht werden, vermutet das Büro.

Haftregime auf Imrali zielt auf körperliche und physische Vernichtung

Seit inzwischen zwanzig Monaten wird der kurdische Vordenker Abdullah Öcalan wieder vollständig von seinem Rechtsbeistand abgeschottet. Ihm wird ein Haftregime auferlegt, das auf körperliche und physische Vernichtung abzielt. Das letzte Mandantengespräch auf Imrali hat am 7. August 2019 stattgefunden – erstmals nach acht Jahren Kontaktsperre. Den letzten Angehörigenbesuch erhielt Öcalan am 3. März 2020. Danach wurde ihm nur zwei Mal telefonischer Kontakt mit seinen Verwandten gewährt. Auch seine drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım werden von ihrer Außenwelt isoliert.

Kontaktsperre bereits ausgelaufen

Am 23. März lief die im September verhängte Kontaktsperre aus, dennoch werden Besuchsanträge von Anwälten und Verwandten der Imrali-Gefangenen weiterhin nicht genehmigt oder gänzlich ignoriert. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, den Forderungen des Antifolterkomitees (CPT) und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nach wie vor nicht bereit, die Isolation auf Imrali aufzuheben.