Die Solidarität mit den revolutionären Errungenschaften der demokratischen Selbstverwaltung Nordsyriens sowie mit dem Widerstand in Nordkurdistan/Türkei und Südkurdistan/Irak hat in den letzten Jahren an Zunahme erfahren. Die kurdische Freiheitsbewegung in Kurdistan und Europa hat im Kontext der anhaltenden Kriegssituation und Eskalation des Konflikts die Kampagne „Die Zeit ist reif: Freiheit für Abdullah Öcalan – Für einen gerechten Frieden in der Türkei“ ganz oben auf ihre Agenda gestellt. Zahlreiche Organisationen, Vereine, Gruppen, Personen des öffentlichen Lebens und Gewerkschaften aus Italien, Skandinavien, Südafrika, Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern machen mit ihren Solidaritätsbekundungen auf Abdullah Öcalans Rolle als den zentralen politischen Repräsentanten der kurdischen Gesellschaft aufmerksam. Er ist wohl der wichtigste Dialogpartner für mögliche Verhandlungen mit dem türkischen Staat über die Lösung der kurdischen Frage. Seine aktuelle Isolation auf der Gefängnisinsel Imrali ist Ausdruck der gegenwärtigen kurdenfeindlichen Kriegspolitik des türkischen Staates. Für ein Ende der Gewaltspirale und einen gerechten Frieden in Kurdistan gilt: Die Zeit ist reif – Freiheit für Öcalan.
Die Frage, die sich in solidarischen Kreisen gestellt wird, lautet oft: Wie kann ich diese Kampagne praktisch unterstützen?
Es ist eine Herausforderung, vor der wir in Deutschland stehen: Abdullah Öcalan ist der Architekt der kurdischen Freiheitsbewegung und ihres Paradigmas, die im Mittleren Osten für radikale Demokratie, Frauenbefreiung und Ökologie steht. Er ist der Ideengeber des demokratischen Konföderalismus, die mit der demokratischen Selbstverwaltung in Nordostsyrien heute praktische Umsetzung findet. Währenddessen werden in Deutschland die Schriften Abdullah Öcalans zensiert und sein Abbild verboten. Als Ausrede wird oft angeführt, man wolle die Türkei nicht brüskieren, die den Mitbegründer der PKK seit 22 Jahren als politische Geisel gefangen hält. Aber ein anderer Teil wird verschwiegen: In Öcalans Vorschlägen steckt die Chance auf praktische Veränderung, weil sie sich nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit dem Aufbau einer besseren Weltordnung befassen. Dafür steht die Freiheitsbewegung und das ist Grund genug, sie zu verfolgen bzw. zu kriminalisieren. Der deutsche Staat hat dies erkannt und versucht mit allen Mitteln, die Person Abdullah Öcalan „verschwinden“ und vergessen zu lassen, die nicht nur als Repräsentant der kurdischen Gesellschaft gilt, sondern auch ein Symbol für Widerstand und Freiheit ist. Die deutsche Bundesregierung versucht mithilfe einer unvergleichlichen Kriminalisierungs- und Verbotspolitik Solidarität mit der Forderung nach Freiheit für Öcalan zu verhindern.
Deshalb haben wir uns einige Gedanken gemacht, wie Schritte der praktischen Solidarität aussehen könnten:
Erstens: Briefe an die UN
Der erste Vorschlag, den wir machen wollen: Die Kurdische Aktionsgruppe für Menschenrechte (Kurdish Human Rights Action Group, KHRAG) in Südafrika und der südafrikanische Gewerkschaftsdachverband COSATU (Congress of South African Trade Unions) haben im Januar dieses Jahres eine Kampagne gestartet, um die Vereinten Nationen (UN) für einen gerechten Frieden in der Türkei zum Handeln zu bewegen. Ziel ist es, mit einer koordinierten internationalen Solidaritätskampagne den Anstoß zum Handeln der UN zu geben.
Die UN haben mit ihrer Forderung nach der Freilassung Nelson Mandelas einen Präzedenzfall geschaffen, außerdem spielten sie eine entscheidende Rolle bei der Verabschiedung der sogenannten Nelson-Mandela-Regeln, welche die Standard-Mindestregeln der UN für die Behandlung von Gefangenen festlegen. Diese Präzedenzfälle bilden die Grundlage für die Behandlung von politischen Gefangenen und bestätigen auch, dass die Freilassung von authentischen und glaubwürdigen Führungspersönlichkeiten in jedem Friedensprozess von entscheidender Bedeutung ist.
Was können wir tun? Unterschreibt den Offenen Brief und sendet ihn an den Generalsekretär der Vereinten Nationen (Mehr Informationen und die Briefvorlage findet ihr hier: https://civaka-azad.org/suedafrika-die-zeit-ist-reif-freiheit-fuer-abdullah-oecalan/). Teilt auf Instagram, Twitter, Facebook eure Briefaktion mit dem Hashtag #FreeÖcalan und animiert eure Freund*innen und Bekannten dazu. Nehmt die Mitglieder der verschiedenen Parteien und Fraktionen in die Verantwortung. Schreibt ihnen Emails, fordert sie bei Twitter oder Facebook auf, sich zu solidarisieren und ebenfalls Briefe an die UN zu schicken.
Zweitens: Nehmen wir die „Free Öcalan“-Forderung in die Solidaritätsaktionen mit Rojava/Kurdistan mit auf!
Regelmäßig finden Informationsveranstaltungen, Aktionen, Demonstrationen etc. zu den Themen rund um die Ereignisse in Rojava beziehungsweise Nord- und Ostsyrien, Nordkurdistan und Südkurdistan statt. Die anhaltende Isolationshaft auf Imrali ist hierbei untrennbar mit den Angriffen der Türkei in den verschiedenen Teilen Kurdistans verbunden.
Was können wir tun? Versuchen wir die Forderung nach Freiheit für Abdullah in die Vorbereitung der kommenden Demonstrationen einzubinden, sei es der Tag der politischen Gefangenen (18. März), die Oster- und Friedensmärsche im April, dem Tag der Arbeit am 1. Mai. Aber auch „kleine“ medienwirksame Aktionen können bereits große Aufmerksamkeit erzeugen.
Drittens: Arbeiten wir langfristig an der Verbreitung der Ideen Öcalans – gemeinsam Öcalan lesen!
Setzen wir uns wirklich mit den Ideen von Abdullah Öcalan auseinander? Nicht nur die Person Abdullah Öcalan wird seit 22 Jahren isoliert, sondern auch seine Ideen und Philosophie, die Lösungen für die drängendsten Probleme des 21. Jahrhundert darstellen. Das von Öcalan vorgeschlagene Gesellschaftsmodell ist mit den Pfeilern Basisdemokratie und Selbstverwaltung, ökologische Transformation und Gleichberechtigung aller eine Alternative zur entmündigten, homogenisierten Konsumgesellschaft der kapitalistischen Moderne und geeignet, Rassismus und Nationalismus zu überwinden. Immer mehr Menschen lassen sich inspirieren von Öcalans Denkanstößen, blicken auf die Umsetzung des als „Demokratischer Konföderalismus“ beschriebenen Gesellschaftsentwurfs und diskutieren eine Anpassung auf die Gesellschaften in den Metropolen. Um der jahrzehntelangen Stigmatisierung in den Medien entgegenzutreten, ist es wichtig, das, wofür Öcalan steht, bekannter zu machen und breit zu diskutieren.
Was können wir tun? In den letzten Jahren wurden eine Vielzahl von Öcalans Gefängnisschriften ins Deutsche übersetzt. Ihr findet eine Übersicht dazu online auf ocalanbooks.com und die Bücher beim Unrast-Verlag. Bildet Lesekreise und diskutiert die in den Büchern aufgegriffenen Themen und verbreitet sie in Form von Diskussionen und Gesprächen.
Viertens: Friedensbäume für die Freiheit Öcalans und für Frieden in Kurdistan
In ganz Kurdistan hat es sich zu einer Tradition herausgebildet, am Geburtstag von Öcalan Friedensbäume zu pflanzen. Man begegnet damit dem Frühling und drückt seine Hoffnung auf ein Ende der Isolation auf Imrali und der Freiheit Abdullah Öcalans aus.
Was können wir tun? Kommt zusammen und pflanzt am 4. April Bäume. Teilt eure Aktionen in den sozialen Medien.