Die inhaftierte HDP-Politikerin Berivan Zadsan hat ihrer Familie telefonisch von den aktuellen Rechtsverletzungen im Frauengefängnis Bakirköy berichtet. Zadsan ist eine der vielen politischen Gefangenen in der Istanbuler Vollzugsanstalt für Frauen und wurde im Februar 2021 verhaftet. Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme war sie Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP) im Stadtbezirk Sultangazi, verurteilt zu über drei Jahren Freiheitsstrafe wurde sie wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der PKK.
Wie die Politikerin ihrer Schwester Bahar Zadsan in dem einmal wöchentlich zugelassenen Telefonat mit Angehörigen berichtete, werden die Zellen sei über einem Monat bei jeder Zählung der Gefangenen durchsucht. Ihre persönlichen Gegenstände seien beschlagnahmt worden, darunter auch Hygienemittel. Zadsan beschuldigt die Vollzugsleitung, die Gesundheit der Gefangenen absichtlich zu ruinieren. Schwer Erkrankte würden nicht in die anstaltsinterne Krankenstation gebracht und unter den Gefangenen sei Krätze ausgebrochen. Betroffen seien vor allem Gefangene, die mit „Bunkerstrafen“ diszipliniert werden sollen.
Berivan Zadsan verglich die Situation in Bakirköy mit dem Foltergefängnis in Amed (tr. Diyarbakir) nach dem Militärputsch von 1980 und erzählte, dass das Vollzugspersonal durch ständige Provokationen einen Aufstand anzuzetteln versucht. Ein Gespräch mit der Anstaltsleitung sei nicht zustande gekommen und auch der zuständige Staatsanwalt habe ein Treffen abgelehnt. „Unser Lebensraum wird zunehmend eingeengt und die psychologische Kriegsführung gegen uns kommt der Folter gleich. Wir werden auf Schritt und Tritt bedroht und alles, was wir sagen, wird protokolliert und bestraft. Wir schweigen jedoch nicht, wir fordern unsere Rechte ein“, erklärte Zadsan und rief zur Solidarität mit den Gefangenen auf.
Während des Telefongesprächs waren im Hintergrund Triller und Protestparolen gegen die Rechtsverletzungen im Gefängnis zu hören. Berivan Zadsans Mitgefangenen riefen unter anderem „Jin Jiyan Azadî“ (Frau Leben Freiheit), die Parole der kurdischen Frauenbewegung.
In Amed und Izmir sind heute erneut Angehörige von Gefangenen auf die Straße gegangen, um gegen die Zustände in türkischen Haftanstalten zu protestieren.