SEA-EYE 4 rettet weitere 74 Menschen aus Seenot
Die SEA-EYE 4 hat weitere 74 Menschen im Mittelmeer retten können und sucht nun einen sicheren Ort für die Ausschiffung von 106 Menschen.
Die SEA-EYE 4 hat weitere 74 Menschen im Mittelmeer retten können und sucht nun einen sicheren Ort für die Ausschiffung von 106 Menschen.
Dem Rettungsschiff SEA-EYE 4 wurde am Mittwoch, 30. März 2022, ein Notruf weitergeleitet, den das Alarm Phone an die zuständigen Behörden meldete. Das Rettungsschiff war bereits auf dem Weg nach Malta, weil der Einsatz am Mittwoch planmäßig enden sollte, erklärt der Trägerverein Sea-Eye e.V. in Regensburg. Doch die SEA-EYE 4 war als einziges Rettungsschiff östlich von Tripolis und kehrte deshalb zurück. Nach mehreren Stunden Anfahrt fand die SEA-EYE 4 das graue Schlauchboot mit 74 Personen, darunter 22 Kinder. Im ihrem Bordhospital mussten 15 Personen medizinisch behandelt werden. Die geflüchteten Menschen stammen aus Ägypten, Nigeria, Sudan, Südsudan und Syrien. Mit den Geretteten, die die SEA-EYE 4 am Dienstag von einem Handelsschiff vor der Libyen übernommen hatte, sind nun insgesamt 106 Geflüchtete an Bord des Schiffes.
Weiterer Notruf
Wie SEA-EYE 4 berichtet, erreichte sie von der Hilfsorganisation Alarm Phone am Mittwoch ein weiterer gemeldeter Notruf, der zu einer Suche nach 90 Menschen führte und die ganze Nacht andauerte. Die Suche blieb jedoch erfolglos und musste am Donnerstagmorgen abgebrochen werden, weil die Koordinaten eines weiteren in Seenot geratenen Schlauchboots mit 145 Menschen gemeldet wurden. Bevor die SEA-EYE 4 das Boot erreichte, meldete Alarm Phone eine illegale Rückführung durch die sogenannte libysche Küstenwache. „Mit der Erneuerung des IRINI Mandats erklärte die Bundesregierung, dass man die libysche Küstenwache nicht mehr unterstützen und ausbilden könne, doch hier in der libyschen Rettungszone werden wir weiter Augenzeugin völkerrechtswidriger Rückführungen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V. Über den Verbleib von 90 Menschen fehlt jede Information, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Rückführung auch in diesem Fall sehr hoch ist. „Ein Schiffsunglück, über das niemals wieder jemand spricht, weil es für uns in Europa offenbar Alltag ist, dass Schwarze, flüchtende Menschen so ein Schicksal erleiden, ist leider ebenfalls möglich“, sagt Isler weiter.
Suche nach sicherem Ort für die Ausschiffung von 106 Menschen
Die SEA-EYE 4 muss nun einen sicheren Ort für die Ausschiffung von 106 Menschen aus sechs unterschiedlichen Herkunftsländern finden. „Wären die Menschen nicht gerettet worden, wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, dass sie überlebt hätten, denn das Wetter schlug in den letzten Tagen immer wieder plötzlich um“, so Isler. Am Dienstag konnten von dem Containerschiff KARINA bei einem Wellengang von etwa vier Metern 32 Menschen aus einem kleinen Fischerboot gerettet werden. Hagen Kopp von Alarm Phone nannte den Fluchtversuch vom Dienstag „hochgradig verzweifelt“, da für die Menschen auf dieser Route ohne Rettung durch ein Containerschiff „kaum eine Überlebenschance“ bestanden habe.
SEA-EYE 4 steuert Malt an
Am Freitag, einen Tag vor dem Besuch des Papstes auf Malta, wird das Rettungsschiff die maltesischen Gewässer erreichen. Dort sei auch ein Treffen mit Migrant:innen in einem katholischen Aufnahmezentrum geplant. „Vielleicht kann ein unmissverständlicher Appell des Papstes an die maltesische Regierung bewirken, dass Malta sich als nächstgelegener EU-Staat für 106 schutzsuchende Menschen verantwortlich fühlt“, so der Vereinsvorsitzende von Sea-Eye Isler.
In diesem Jahr bereits viele Tote im Mittelmeer
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in diesem Jahr bisher mindestens 234 Migrant:innen im Mittelmeer ertrunken, die meisten von ihnen vor der libyschen und tunesischen Küste im zentralen Mittelmeer. Die realen Zahlen werden weit höher geschätzt. Über 2930 Menschen wurden bisher von der sogenannten libyschen Küstenwache abgefangen und in die berüchtigten Haftlager geschickt. Im Jahr 2021 wurden mindestens 32.425 Migrant:innen aufgegriffen und nach Libyen zurückgeschleppt. Nach Angaben der UN-Organisation IOM sind im vergangenen Jahr vermutlich mindestens 1.553 ertrunken.