Politischer Gefangener seit 84 Tagen im Hungerstreik

Şerif Mesutoğlu wurde 2016 als Attentäter für einen Bombenanschlag in Dêrika Çiyayê Mazî verurteilt, zu dem sich die Zivilen Verteidigungseinheiten YPS bekannten. Mit einem Hungerstreik fordert der Gefangene die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Seit 84 Tagen befindet sich Şerif Mesutoğlu im Hochsicherheitsgefängnis von Sêwreg (Siverek, Provinz Riha/Urfa) im Hungerstreik. Mit dieser Form des Protests will er sein Recht auf ein faires Verfahren durchsetzen. Mesutoğlu sitzt seit Dezember 2016 im Gefängnis. Am 22. Oktober 2018 wurde der aus der Provinz Mêrdîn (Mardin) stammende politische Gefangene wegen Mordes verurteilt. Bis zu seiner Verhaftung arbeitete Mesutoğlu als Büroleiter des Bürgermeisters in der Kreisstadt Dêrika Çiyayê Mazî (Derik). Bis Juni 2016 wurde die Kommune von der Partei der demokratischen Regionen (DBP) geführt. Einen Monat später wurden die demokratisch gewählten Ko-Bürgermeister*innen auf Betreiben des türkischen Innenministeriums abgesetzt. An ihrer Stelle wurde der von der AKP-Regierung ernannte Landrat Muhammed Fatih Safitürk als Zwangsverwalter eingesetzt. In dessen Büro explodierte am 10. November 2016 eine Bombe, die den Treuhänder und drei seiner Leibwächter verletzte. Am Tag darauf erlag Safitürk in einem Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Zu dem Anschlag bekannten sich noch am selben Tag die Zivilen Verteidigungseinheiten YPS (Yekîneyên Parastina Sivîl). Obwohl die Beweislage nicht ausreichte, weder Fingerabdrücke gefunden worden waren noch eine Mitgliedschaft bei den YPS im Prozess bewiesen werden konnte, wurde Şerif Mesutoğlu zu zweimal lebenslänglicher Haft plus 18 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bereits einen Tag nach der Urteilsverkündung war er aus Protest dagegen in einen Hungerstreik getreten. Zuvor hatte er sich sogar während einer Verhandlung, an der er in Haft über das Videoliveschaltungssystem SEGBIS teilgenommen hatte, selbst in Brand gesteckt. Bevor er das Feuerzeug zückte, rief Mesutoğlu noch in die laufende Kamera: „In der Türkei existiert so etwas wie Gerechtigkeit nicht. Ich werde mich diesem Unrecht nicht beugen.“ Das Gefängnispersonal reagierte damals sehr schnell; Mesutoğlu erlitt zwar schwere Brandwunden, aber er überlebte. Seit knapp drei Monaten protestiert er erneut mit einem Hungerstreik gegen das Urteil gegen ihn. Dabei hat Mesutoğlu bereits 22 Kilogramm an Körpergewicht verloren. Außerdem leidet er an extrem niedrigem Blutdruck und Schwindel.

In einer Botschaft, die seine Familie nun öffentlich machte, fordert Mesutoğlu die Wiederaufnahme des Verfahrens. Solange das nicht geschehe, werde er den Hungerstreik fortsetzen, ließ er mitteilen.