Mindestens sieben Schutzsuchende an polnischer Grenze gestorben
Die Abschottungspolitik der EU an der polnischen Außengrenze hat zu Toten geführt. Polnische Behörden melden den Fund von mindestens sieben toten Schutzsuchenden.
Die Abschottungspolitik der EU an der polnischen Außengrenze hat zu Toten geführt. Polnische Behörden melden den Fund von mindestens sieben toten Schutzsuchenden.
Mindestens sieben tote Menschen wurden auf der polnischen Seite der EU-Außengrenze zu Belarus gefunden. Polnische Behörden erklärten, dass noch weit mehr Tote auf der belarussischen Seite liegen könnten. Bisher ist die Todesursache nicht bekannt, möglicherweise sind sie erfroren. Auf mehreren Videos in den sozialen Medien sind allerdings immer wieder auch Schüsse zu hören. Polen hat vor einer „bewaffneten“ Eskalation und Schusswaffeneinsatz gewarnt. Der polnische Regierungssprecher Piotr Muller erklärte: „Wir gehen davon aus, dass es in naher Zukunft zu einer Eskalation dieser Art von Aktionen an der polnischen Grenze kommen könnte, die bewaffneter Natur sein werden.“
Mit den aktuellen Todesfällen sind damit mindestens 17 Schutzsuchende an der Grenze gestorben, zwölf Personen gelten als vermisst.
Seehofer: „Außengrenzen sichern“
Unterdessen forderte Deutschland die EU-Mitglieder auf, „Maßnahmen zu ergreifen“, um die sich verschärfende Krise zu bewältigen. „Polen oder Deutschland können das nicht allein bewältigen“, sagte der amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer. „Wir müssen der polnischen Regierung helfen, ihre Außengrenze zu sichern. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Europäischen Kommission. Ich appelliere jetzt an sie, aktiv zu werden.“
Erpressung à la Erdoğan
An der belarussisch-polnischen Grenze befinden sich mehrere Tausend Schutzsuchende, die versuchen, in die EU zu gelangen. Viele von ihnen stammen aus Südkurdistan und Nordsyrien. Allein aus Südkurdistan beziehungsweise dem Irak haben seit Jahresbeginn rund 37.000 Menschen das Land verlassen, viele von ihnen mit dem Ziel Europa. Die meisten von ihnen stammen aus den Städten Silêmanî, Qeladizê, Ranya, Soran, Helebce, Şîladizê und Hewlêr. Offenbar versucht sich der belarussische Autokrat Lukaschenko, ein Beispiel am türkischen Diktator Erdoğan zu nehmen, der 2020 Flüchtlinge auf die EU-Grenze treiben ließ und damit erfolgreich politische und wirtschaftliche Zugeständnisse erpresste.
Schutzsuchende werden als „hybride Bedrohung“ dämonisiert
Statt die Grenzen zu öffnen, ein Zeichen der Humanität zu setzen und damit das böse Spiel auf Kosten der Schutzsuchenden zu beenden, reagiert die EU wie im Krieg. Polen entsandte 12.000 Soldaten an die Grenze. Damit stehen jetzt 24.000 Soldat:innen und Grenzschützer:innen an der Grenze. Schutzsuchende werden nicht als Menschen, sondern von Bundesinnenminister Seehofer als „hybride Bedrohung“ im Konflikt mit Russland und Belarus deklariert.
Situation der Schutzsuchenden immer verzweifelter
Währenddessen wird die Lage der Schutzsuchenden immer verzweifelter. Sie versuchen über die EU-Grenze zu gelangen und den Stacheldraht mit einfachen Werkzeugen zu überwinden. Sie werden jedoch immer wieder zurückgeschlagen. Wenn es ihnen gelingt, die Grenze zu überwinden, werden sie im Grenzgebiet illegal zurückgewiesen. Dieser Völkerrechtsbruch wird von den EU-Staaten billigend in Kauf genommen. Dabei handelt es sich selbst nach polnischen Angaben nur um 3.000 bis 4.000 Menschen an der Grenze und etwa 10.000 Menschen im ganzen Land. Für die EU wäre es ein Leichtes, diese Menschen aufzunehmen. Der heraufziehende Winter bedroht Gesundheit und Leben der Schutzsuchenden an der EU-Außengrenze akut. Daher ist dringendes Handeln geboten.