Hunderte Geflüchtete haben sich nach Angaben der Behörden in Belarus zu Fuß auf den Weg zur Grenze zum Nachbarland Polen gemacht. Aus Sicht der polnischen Regierung könnte die Gruppe versuchen, in der Nähe des Ortes Kuźnica Białostocka die Grenze zu durchbrechen. Polen kündigte an, den Schutz an der EU-Außengrenze zu verstärken.
„Nach neuesten Informationen steht diese riesige Gruppe von Migranten unter der Kontrolle von bewaffneten belarussischen Einheiten, die entscheiden, wohin sie gehen darf und wohin nicht”, schrieb der polnische Geheimdienstkoordinator Stanisław Żaryn auf Twitter. Er sprach von einer weiteren feindlichen Aktion des Nachbarlands gegen Polen. Die polnische Regierung berief deshalb einen Krisenstab ein.
Polens Regierungssprecher Piotr Müller sagte, es könne am Montag an der Grenze zu Belarus zur schwierigsten Situation seit Beginn der Aktionen Lukaschenkos gegen Polen kommen. Man werde weitere Grenzschutzbeamte an den entsprechenden Abschnitt schicken. Außerdem sei man im ständigen Kontakt mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Geflüchtete in der Pufferzone
Seit dem Sommer verzeichnet Polen ein vermehrtes Aufkommen von Migrantinnen und Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika, die versuchen, in die EU zu gelangen. Bei vielen dieser Menschen handelt es sich um Geflüchtete aus Südkurdistan, Die EU und die Anrainerstaaten Litauen, Lettland und Polen blockieren die Versuche der Flüchtlinge, die Grenze zu überqueren, und reagieren mit Abschottung und völkerrechtswidrigen Pushbacks. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko werfen sie vor, als Vergeltung für europäische Sanktionen Menschen aus Krisengebieten in die Staatengemeinschft einzuschleusen. Er hatte als Reaktion auf Sanktionen gegen sein Land erklärt, Menschen auf ihrem Weg zu einem besseren Leben „im gemütlichen Westen” nicht mehr aufzuhalten.
Im Niemandsland zwischen Belarus und Polen gab es bereits mehrere Todesfälle unter Geflüchteten. Bekannt sind bislang zehn Todesfälle, mindestens zwölf Personen gelten als vermisst. Allein aus Südkurdistan beziehungsweise dem Irak haben seit Jahresbeginn rund 37.000 Menschen das Land verlassen, viele von ihnen mit dem Ziel Europa. Die meisten von ihnen stammen aus den Städten Silêmanî, Qeladizê, Ranya, Soran, Helebce, Şîladizê und Hewlêr.
Nato warnt Belarus
Derweil hat die Nato die Regierung in Belarus vor einer weiteren Instrumentalisierung von Flüchtlingen gewarnt. Man sehe die jüngste Eskalation an der Grenze zwischen Polen und Belarus mit Sorge, erklärte ein Vertreter der Allianz in Brüssel. Die Nato stehe bereit, ihre Verbündeten zu unterstützen und für Sicherheit zu sorgen.