Mahnwache für Gülistan Doku zieht vor Justizministerium

Die Angehörigen der seit zwei Jahren vermissten Studentin Gülistan Doku verlegen ihre Mahnwache vor das Justizministerium in Ankara. Sie fordern die Bildung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zur Aufklärung des Schicksals der Kurdin.

Die Angehörigen der seit nunmehr zwei Jahren vermissten Studentin Gülistan Doku verlegen ihre Mahnwache aus Dersim vor das Justizministerium in Ankara. Mit dem Schritt wollen sie ihre Forderung nach der Bildung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zur restlosen Aufklärung des Verschwindens der Kurdin und juristische Konsequenzen für mögliche Verantwortliche in eine breitere Öffentlichkeit tragen.

Am 5. Januar jährte sich der Tag des Verschwindens der damals 21 Jahre alten Gülistan Doku zum zweiten Mal. Die in Amed (tr. Diyarbakır) geborene Pädagogik-Studentin der Munzur-Universität gilt als unauffindbar, obwohl fast jede Gegend in Dersim mit Überwachungskameras und Richtmikrofonen 24 Stunden am Tag observiert wird. Ungeachtet der Befürchtungen ihres Umfelds über ein mögliches Gewaltverbrechen spekulieren die Ermittler beharrlich auf der reflexartig geäußerten Selbstmordtheorie durch einen Sprung in den Munzur – trotz eines unabhängigen Gutachtens gegenteiligen Inhalts.

Zum Hintergrund: Einen Tag vor Gülistan Dokus Verschwinden hatte ihr Ex-Freund Zainal Abakarov mit Gewalt versucht, die junge Frau in sein Auto zu zerren. Doku wehrte sich und Umstehende, die das Geschehen beobachtet hatten, verständigten die Polizei. Diese schloss den Mann, dessen Stiefvater ein Ex-Polizeibeamter ist, jedoch relativ früh als Tatverdächtigen aus. Eine andere Spur hat die Behörde aber auch nicht. Abakarov ist derweil untergetaucht und angeblich nicht auffindbar. Sein Stiefvater Engin Yücer ist zur Verhaftung ausgeschrieben, weil er sich einem Prozess wegen des Vorwurfs, vertraulich zu behandelnde Ermittlungsergebnisse unter anderem in Online-Netzwerken geteilt zu haben, entzieht. Doch auch ihn können oder wollen die Strafverfolgungsbehörden nicht ausfindig machen.

Demgegenüber wird der Kampf von Gülistan Dokus Angehörigen um Aufklärung des Schicksals der Studentin systematisch von den türkischen Behörden kriminalisiert. Das ganze vergangene Jahr über waren Mahnwachen und Proteste für die Wiederaufnahme der Suchaktionen nach Gülistan Doku und die Verhaftung Abakarovs mehrfach gewaltsam von der Polizei aufgelöst worden. Zudem wurden die Mutter und Schwester der Vermissten mehrere Male vorübergehend festgenommen. Gegen den Familienanwalt Ali Çimen läuft zudem ein Verfahren wegen der angeblichen Verletzung der Geheimhaltung von Ermittlungen.

Erster Antrag mit Stimmen von AKP und MHP abgelehnt

Am Neujahrstag haben Gülistan Dokus Eltern Bedriye und Halit sowie ihre Schwester Aygül Doku einen weiteren Anlauf in ihrem Gerechtigkeitskampf genommen und vor dem Gerichtsgebäude in Dersim eine neue Mahnwache initiiert. Sie stufen die nur noch formal andauernden Nachforschungen zum Verbleib der Studentin als unzureichend ein und kritisieren die „Untätigkeit“ der türkischen Justiz- und Sicherheitsbehörden. Am Donnerstag hat die Familie dann die 600 Abgeordneten des Parlaments angeschrieben. Die Briefaktion zielt darauf ab die Abgeordneten wissen zu lassen, dass der Kampf der Familie weitergeht. Denn ein erster Antrag für die Bildung einer Untersuchungskommission war mit den Stimmen der AKP und MHP abgelehnt worden. Die Familie Doku beharrt aber auf der Initiative. Nur auf diese Weise könne das Schicksal der Vermissten restlos aufgeklärt werden.