Die im Iran inhaftierte Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh ist vorübergehend aus dem Gefängnis in Teheran entlassen worden. Das meldete am Samstag die staatliche Nachrichtenagentur Isna. Demnach sei die Entlassung vom stellvertretenden Staatsanwalt, der für die Frauenvollzugsanstalt Gharchak südlich der Hauptstadt Teheran zuständig ist, in das Sotoudeh letzten Monat vom berüchtigten Evin-Gefängnis verlegt wurde, angeordnet worden. Über ihren Gesundheitszustand oder über die Bedingungen ihrer Haftentlassung gab es zunächst allerdings keine Informationen. Die 57-Jährige war Ende September nach einem wochenlangen Hungerstreik ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die renommierte Aktivistin protestierte damit gegen die katastrophalen Haftbedingungen während der Corona-Pandemie und forderte die Freilassung von politischen Gefangenen.
Nasrin Sotoudeh war 2018 verhaftet und später zu einer 33-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Sie wurde unter anderem der „Verschwörung gegen das System“ und Beleidigung von Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei beschuldigt. Sotoudeh wies vor Gericht alle Vorwürfe zurück und gab an, sich lediglich für Frauenrechte und gegen die Todesstrafe in ihrem Land zu engagieren. Die zweifache Mutter ist auch international als Menschenrechtsverteidigerin bekannt. Zu ihren Mandantinnen gehört unter anderem die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, außerdem hat sie sich für iranische Frauen eingesetzt, die gegen das Kopftuchgebot protestiert haben. Erstmals wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte verhaftet wurde Sotoudeh im September 2010. Genau drei Jahre später wurde sie nach internationalen Protesten entlassen.
Vorletzten Monat wurde Nasrin Sotoudeh in Berlin vom Deutschen Richterbund (DRB) mit dem Menschenrechtspreis 2020 ausgezeichnet. Damit würdigt der DRB ihren „mutigen und unermüdlichen Einsatz für Menschrechte und Rechtsstaatlichkeit”, durch den sie „zu einer Symbolfigur der iranischen Bürgerrechtsbewegung geworden ist”. 2012 wurde Sotoudeh mit dem Sacharow-Preis des Europaparlaments ausgezeichnet. Im Oktober 2020 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis.