HDP-Mahnwache: Sofortigen Besuch bei Abdullah Öcalan zulassen!

Die Mahnwache von Abgeordneten der HDP-Fraktion in Ankara geht weiter. Die Abgeordneten fordern sofortigen Besuch auf Imrali und bezeichnen die Totalisolation als eine „Hinrichtung auf Raten“.

Am Donnerstag versuchten Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) den siebten Tag in Folge, in Ankara vom Parlament zum Justizministerium zu marschieren, um dort die Aufhebung der Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan zu fordern. Die HDP-Abgeordneten Gülistan Kılıç Koçyiğit, Abdullah Koç, Kemal Peköz, Pero Dündar und Celadet Gaydalı wurden erneut von der Polizei vor dem Parlamentsgebäude gestoppt.

Isolation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“

Die HDP-Abgeordnete Gülistan Kılıç Koçyiğit erklärte auf der Protestaktion: „Seit dem 15. Februar 1999 wird das Gefängnis auf der Insel Imrali unter einem Sonderregime geführt, es besteht eine absolute Isolation gegen Herrn Abdullah Öcalan. Wir wissen, dass diese Isolation immer wieder verschärft wurde und phasenweise keine Nachrichten mehr nach außen drangen. Seit mehr als 21 Monaten haben die Öffentlichkeit, seine Familie und seine Anwältinnen und Anwälte nichts mehr von ihm gehört. Keiner der Besuchsanträge wurde positiv beschieden. Jede Woche werden die Familienangehörigen und die Anwälte widerrechtlich daran gehindert, ihn zu sehen. Diejenigen, die in der Vergangenheit behauptet haben, dass die Fähre außer Betrieb oder das Wetter zu schlecht sei, sind jetzt so weit, dass sie sich nicht einmal mehr rechtfertigen müssen. Wir sind mit einer Regierung konfrontiert, die versucht, die Situation zu ignorieren und auf Zeit zu spielen. Wir akzeptieren dies nicht, Isolation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und laut internationalen Vereinbarungen eine Form der Folter.“

Hinrichtung auf Raten“

Koçyiğit beschrieb die Totalisolation von Imrali als „Hinrichtung auf Raten“ und sagte: „Der Mensch ist ein soziales Wesen. Was ihn von anderen Lebewesen unterscheidet, sind seine Fähigkeit zu denken und seine sozialen Beziehungen. Wenn man ihn an einem Ort einsperrt, ihn sozial isoliert und von seinen Beziehungen abschneidet, vollstreckt man ein Todesurteil auf Raten. Was sich derzeit auf Imrali abspielt, ist eine Hinrichtung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Wir können nicht von einer verschärften lebenslangen Freiheitsstrafe sprechen, da diese Strafen festgelegte Regeln im Vollzugsrecht haben. Alle haben das Recht, sich mit Angehörigen und ihrem Rechtsbeistand zu treffen. Die Verfassung dieses Landes definiert die absolute Gleichheit in diesem Sinne. In Artikel 10 der Verfassung heißt es, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Wenn dem so ist, so fragen wir: Welche Art von juristischer und gerichtlicher Regelung unterscheidet Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş, Hamili Yıldırım und Abdullah Öcalan von anderen Gefangenen? Das Justizministerium muss dies der Öffentlichkeit mitteilen, es ist nicht im Interesse dieses Landes, es ist nicht im Interesse der Rechte der Menschen in diesem Land, diese Geschehnisse zu verschleiern, indem man sie ignoriert und verdrängt.“

Es geht um die Zukunft des kurdischen Volkes und der Völker der Türkei“

Koçyığıt ging auch auf die politische Dimension der Isolation ein und sagte: „Dieses Land hat eine 40-jährige Konfliktgeschichte und eine 100-jährige kurdische Frage. Wenn wir die Tür zum Frieden und zu einer Lösung der kurdische Frage öffnen wollen, wenn wir dieses Problem mit einem gerechten und würdigen Frieden lösen wollen, sind die Ansprechpartner dafür klar. Der Staat muss sich so bald wie möglich mit seinen Gesprächspartnern treffen und Schritte zur Lösung des Problems unternehmen. Weder die kurdische Frage noch die Isolation von Herrn Öcalan dürfen für kurzfristige politische Interessen genutzt werden, es geht hier um das Recht auf Leben. Es geht um die Zukunft des kurdischen Volkes und der Völker der Türkei. Wir erwarten und fordern, dass diese Frage völlig losgelöst von aktuellen politischen Auseinandersetzungen im Rahmen der universellen menschlichen Werte und der Gesetze dieses Landes angegangen wird.“

Sofort Besuch bei Herrn Öcalan ermöglichen"

Die Abgeordnete sagte weiter: „Mit unserer Mahnwache, die nun schon in die zweite Woche geht, richten wir uns als HDP-Abgeordnete an das Justizministerium und die Regierung. Wir akzeptieren diese Isolation nicht. Wir akzeptieren nicht, dass vier politische Gefangene in keiner Weise gehört oder kontaktiert werden können. Diese Rechtswidrigkeit zu akzeptieren bedeutet, zu akzeptieren, dass die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land geraubt werden können, dass sie den Interessen der Regierung untergeordnet werden können, dass die Rechte von uns allen aufgehoben werden können. Wir werden dies niemals akzeptieren. Wir wenden uns noch einmal an die demokratische Öffentlichkeit, an die Hauptoppositionspartei, die verspricht, diesem Land in seinem zweiten Jahrhundert die Demokratie zu bringen, an den Sechsertisch und an alle, die in diesem Land politisch tätig sind, und fragen: Wie bewerten und reagieren Sie auf die Tatsache, dass seit fast 22 Monaten keine Nachricht aus einem Gefängnis in diesem Land kommen? Inwiefern entspricht dies dem Gesetz, dem Gewissen, der Verfassung und der Moral? Wie wollen Sie in der Türkei im zweiten Jahrhundert der Republik Demokratie schaffen, wenn Sie vor dieser Unrechtmäßigkeit die Augen verschließen? Kann ein Land demokratisch sein, wenn die Rechte auch nur eines einzigen Bürgers außer Kraft gesetzt werden, wenn einem einzigen Bürger seine demokratischen Verfassungsrechte vorenthalten werden? Aus diesem Grund fordern wir ein sofortiges Treffen mit Herrn Öcalan, da er der wichtigste Akteur und Ansprechpartner bei der Lösung der kurdischen Frage ist.

Unser Protest geht weiter“

Wir haben einen Antrag als Ko-Vorsitzende, Parteisprecher:innen, Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) und Abgeordnete gestellt. Lassen Sie uns auf die Insel, lassen Sie uns Herrn Öcalan treffen! Wenn nicht, lassen Sie seine Anwälte und seine Familie dorthin, und zerstreuen Sie die Bedenken der gesamten demokratischen Öffentlichkeit und des kurdischen Volkes. Denn es besteht große Sorge. Wir machen uns ernsthafte Sorgen, vor allem um Herrn Öcalans Recht auf Leben, und wir sind besorgt um seine Gesundheit. Unsere Bedenken haben sich durch die Tatsache, dass kein Treffen mit dem Antifolterkomitee CPT stattgefunden hat, vertieft. Justizminister Bekir Bozdağ, die AKP-Regierung und alle Behörden sind dafür verantwortlich, dass diese Anliegen des kurdischen Volkes berücksichtigt werden. Als Abgeordnete vor der Großen Nationalversammlung der Türkei erinnern wir die AKP-Regierung und das Justizministerium einmal mehr an ihre Verantwortung. Wir akzeptieren diese unrechtmäßige Situation nicht. Unsere Mahnwache gegen diesen Rechtsbruch geht weiter. Wir werden unseren Protest fortsetzen, bis ein Treffen mit Herrn Öcalan stattfindet und diese rechtswidrige Situation beendet ist. Wir werden solche illegalen Zumutungen für die Gesellschaft niemals akzeptieren.“