Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat dazu aufgerufen, die immer kleiner werdende Religionsgemeinschaft der Mandäerinnen und Mandäer im Irak zu schützen und zu unterstützen. Von den weltweit etwa 100.000 Angehörigen dieser Religionsgemeinschaft lebten je nach Quelle nur noch zwischen 5.000 und 20.000 im Irak, teilte die Göttinger Menschenrechtsorganisation mit.
Die Mandäerinnen und Mandäer sind eine uralte monotheistische Glaubensgemeinschaft, deren wichtigstes Ritual die Taufe ist. Deswegen liegen ihre Gebetshäuser an fließenden Gewässern. Die Gemeinschaft bezieht sich auf Johannes, den Täufer, der in der Bibel als Vorläufer von Jesus Christus gilt. Im Unterschied zum Christentum erleben mandäische Gläubige allerdings mehrmals im Leben eine Taufe als Reinigungsritual. Zudem befolgen sie Speiseregeln und ernähren sich überwiegend vegetarisch.
Im persönlichen Gespräch mit GfbV- Nahostexperte Kamal Sido appellierten das mandäische Oberhaupt Ganzevra Sattar Jabbar Hilo Al-Zahrony sowie weitere mandäische Würdenträger an die irakische Regierung, in ihren Bemühungen für die Stärkung dieser kleinen Religionsgemeinschaft nicht nachzulassen und sie auch bei der Verteilung von politischen Ämtern zu berücksichtigen. An deutsche Politikerinnen und Politiker richteten sie den Appell, sich bei Besuchen im Irak auch mit der mandäischen Gemeinde zu treffen.
Religiöse Zeremonie von mandäischen Gläubigen | Foto: Sandrka Mandean Society via KirkukNow
Aufbau einer staatlich anerkannten Akademie für mandäische Sprache und Religion
Es wäre wichtig, im Irak mandäische Minister:innen zu benennen oder mandäische Botschafter:innen ins Ausland zu entsenden, betonten die mandäischen Würdenträger während des Gesprächs am Ostersamstag in der Residenz ihres Oberhauptes in Bagdad. Zudem bräuchten sie finanzielle Unterstützung beim Aufbau einer staatlich anerkannten Akademie für mandäische Sprache und Religion. Die rund 2.200 Mandäer in der deutschen Diaspora benötigten dringend Unterstützung für den Bau eines Gotteshauses, so Sido. Der GfbV-Nahostreferent erklärte zudem, er habe bei dem Besuch feststellen müssen, dass immer mehr christliche Gläubige Bagdad verlassen: „Wenn die letzten Christen im Irak eine Zukunft haben sollen, muss ihnen die Regierung das Gefühl geben, in ihrer Heimat Irak willkommen zu sein“, fasst er seine Eindrücke zusammen.
Zahl der Christen im Irak auf 150.000 geschrumpft
2003 lebten noch rund 1,5 Millionen Menschen christlichen Glaubens im Irak. Nach dem Irak-Krieg und Vertreibungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) sank ihre Zahl von geschätzt 300.000 im Jahr 2014 auf heute etwa 150.000. Rund 97 Prozent der 43,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des vorderasiatischen Landes sind Muslime.