Edibe Babur: Der Staat ist für das Leben der Gefangenen verantwortlich

Der Zugang zu ärztlicher Behandlung ist ein Menschenrecht, das auch für Gefangene gelten muss. Edibe Babur vom Hilfsverein TUHAY-DER weist auf die Hungerstreiks politischer Gefangener in der Türkei hin.

Aus den Gefängnissen in der Türkei kommen jeden Tag Berichte über Misshandlung und Folter, kranke Gefangene werden dem Tod überlassen. In mehreren Vollzugsanstalten finden Hungerstreiks gegen die Haftbedingungen statt. In Wan, Adana-Kürkçüler und Trabzon werden Hungerstreiks im Turnus von wechselnden Gruppen durchgeführt, in Izmir-Kiriklar sind drei politische Gefangene in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Die AKP/MHP-Regierung lässt sich davon bisher nicht beeindrucken und setzt ihre Vernichtungspolitik gegen politische Gefangene fort.

Die Gefangenen fordern unter anderem die Aushändigung von Zeitschriften und Büchern, die Aufhebung des Verbots kurdischer Publikationen, eine angemessene medizinische Behandlung für Kranke, ein Ende der entwürdigenden Leibesvisitationen, wirksame Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie, gesundes und ausreichendes Essen, das Recht auf soziale Aktivitäten und ein Ende der Willkürbehandlung durch Wachpersonal und Vollzugsleitung.

Auch Angehörige politischer Gefangener sind jeden Tag in der Türkei auf der Straße, um die Freilassung von krankheitsbedingt haftunfähigen Gefangenen zu fordern. Eine weitere Forderung ist die Beendigung einer Maßnahme des Justizministeriums, die Entlassungen von politischen Gefangenen nach Absitzen ihrer Haftstrafe von einem Reuebekenntnis abhängig macht. In türkischen Gefängnissen sitzen zahlreiche Personen ein, deren reguläre Haftdauer längst abgelaufen ist und die aufgrund ihrer politischen oder weltanschaulichen Meinung trotzdem nicht freigelassen werden.

Die Forderungen entsprechen den Menschenrechtsstandards“

Edibe Babur vom Gefangenenhilfsverein TUHAY-DER in Wan unterstützt diese Forderungen. Wie die Aktivistin gegenüber ANF erklärte, handele es sich um humanitäre Forderungen, die den Menschenrechtsstandards entsprechen. „Statt diese Forderungen zu erfüllen, verschlechtern sich die Haftbedingungen durch das Vorgehen des Wachpersonals und die Vollzugsleitung immer mehr. Kranke Gefangene werden nicht zum Arzt gebracht. Hier in Wan befindet sich beispielsweise die achtzigjährige Makbule Özer. Sie ist haftunfähig und wird trotzdem nicht freigelassen. Für kurdische Gefangene gilt das Rechtssystem nicht. Eine weitere Gefangene ist Hanife Acar. Sie ist 75 Jahre alt und wird in Handschellen zum Arzt gebracht. Wir fordern vom Justizministerium, dass sich das ändert. Der Zugang zu ärztlicher Behandlung ist ein Menschenrecht. Der Staat ist für das Leben der Gefangenen verantwortlich“, so Edibe Babur.