Der Druck auf politische Gefangene, vom sogenannten „Reuegesetz“ Gebrauch zu machen, wächst. Die Freilassung von Gefangenen wird mittlerweile auch nach Ablauf der regulären Haftzeit immer öfter an ein „Reuebekenntnis“ geknüpft. Die Ko-Vorsitzende des Solidaritätsvereins der Familien von Gefangenen, TUHAY-DER, Edibe Babur, berichtet gegenüber ANF dazu aus der Praxis.
„Gefangene allen Arten von Gewalt und Folter ausgesetzt“
Die Lage in den türkischen Gefängnissen sei katastrophal, sagt Babur und fährt fort: „Unsere Freundinnen und Freunde sind allen Arten von Gewalt und Folter ausgesetzt. Die Lage in Patnos ist sehr, sehr schlecht. Nach den Aussagen der Familienangehörigen werden die politischen Gefangenen dazu genötigt, vom Reuegesetz Gebrach zu machen. Ihnen wird angeboten, dass sie freigelassen würden, wenn sie ein Reuebekenntnis abgeben. Wenn sie sich weigern, kommen sie in Bunkerhaft. Das Justizministerium muss eine Lösung für dieses Problem finden.“
Keine Entlassung nach dreißig Jahren Haft
Diese Praxis betrifft nicht nur das Gefängnis in Patnos. Auch im Hochsicherheitsgefängnis Van befinden sich politische Gefangene, die auch nach Maßstäben der türkischen Justiz längst hätten freigelassen werden müssen. Babur führt aus: „Die Gefangenen werden dieser unmenschlichen Behandlung unterworfen, weil sie klarstellen, dass sie nicht bereuen. Eine solche Grausamkeit darf es nicht geben. Es gibt politische Gefangene, die 30 Jahre abgesessen haben, und ohne eine Straftat in Haft genommen wurden. Aber 30 Jahre reichen offensichtlich nicht. Nun werden sie erneut zu sechs Monaten verlängerter Haft verurteilt. Was soll das denn, glauben die ernsthaft, dass diese Menschen nach sechs Monaten ihre Reue erklären werden? Das ist nicht akzeptabel. Wir fordern die Regierung auf, diese Politik aufzugeben.“