„Terror-Gefahr“ durch Minderjährige
Weil sie verbotene Parolen skandiert haben sollen, sitzen drei Kurden in der Provinz Dîlok (tr. Gaziantep) seit gestern in Untersuchungshaft. Unter ihnen befinden sich auch zwei Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren. Ob und wann Anklage gegen sie und einen 21-Jährigen erhoben wird, ist zwar noch unklar, gilt jedoch als wahrscheinlich.
Die Verhaftungen von K.Ö., B.A. und Ramazan A. erfolgten auf Grundlage des türkischen Antiterrorgesetzes und stehen im Zusammenhang mit einer Gedenkveranstaltung für Ayten Beçet. Die 24-Jährige hatte sich am 23. März 2019 aus Protest gegen die Isolation Abdullah Öcalans in einem Frauengefängnis am anatolischen Stadtrand von Istanbul das Leben genommen. Anlässlich ihres vierten Todestages fand in Dîlok vergangenen Samstag ein kleines Gedenken statt.
Die türkische Polizei beobachtete die Zusammenkunft und nahm insgesamt fünf Personen fest, darunter auch das Trio, das verhaftet wurde. Es hieß, sie hätten Parolen wie „Bijî Berxwedana Zindanan“ (Es lebe der Widerstand in den Gefängnissen) und „Bijî Serok Apo“ („Es lebe der Vorsitzende Apo; gemeint ist Abdullah Öcalan) skandiert. Dabei ist letztere Parole selbst in der Türkei von der Meinungsfreiheit gedeckt, wie der türkische Verfassungsgerichtshof 2020 feststellte.
Gegen die zwei anderen Personen, die festgenommen wurden – es handelte sich ebenfalls um Heranwachsende – verhängte ein Gericht in Dîlok am Montag polizeiliche Meldeauflagen. Die „Präventivmaßnahme“ gilt als Alternative zur Haft und wird von der türkischen Justiz exzessiv ausgeschöpft, um unliebsame Personen unter Kontrolle zu halten. Grundlage ist das 2013 in Kraft getretene Gesetz zur „Freilassung unter Kontrolle“.